OO-CC Marokko

2018 Marokko mit Reisen&Erleben


Marokko - was für Assoziationen werden wach, wenn man diesen Namen hört. Mich erinnert es sofort an den 1953 erschienenen DDR Märchenfilmklassiker "Der kleine Muck", den ich als Kind bestimmt 10 mal gesehen habe. Aber auch vieles Andere schwirrt durch den Kopf.

 Atemberaubende Kasbahs
 Tausend und eine Nacht
 Aladin
 Medina
 Geschäftige Sucks
 Islam
 Königsstädte
 Der Muezzin ruft
 Koran
 Sicheres Herkunftsland
 Schneebedeckte Berge
 Gibraltar
 Terror
 Duftende Gewürzstände
 Grossartige Landschaften
 Sultan und Harem
 Datteloasen
 Sahara

Die diesjährige Motorradtour soll zeigen, was davon Wirklichkeit ist und was Legende. Nachdem die 2017-er Tour zusammen mit Klappi und dem Motorradreisen-Veranstalter "Reisen&Erleben" in die französischen Alpen bestens verlaufen ist, haben wir uns bereits im Oktober für die Marokkotour angemeldet, da diese Reise immer als erste vergriffen ist. Das war auch wirklich nötig, denn als der offizielle Katalog rauskam, war schon kein Platz mehr frei. So können wir in aller Ruhe die notwendigen Vorbereitungen für diese Reise treffen. Und da ist so Einiges zu bedenken.

Vorbereitungen


Ende 2017 gehe ich zunächst auf Reifensuche. Bisher habe ich mit sowohl auf der Super Tenere als auch auf der GS gute Erfahrungen mit dem Metzeler Tourance Next gemacht. Und das vor allem mit der Laufleistung, die immer jenseits der 10.000 km für den Hinterreifen lag. In diversen Testberichten schneidet der Pirelli Scorpion Trail II in den letzten Jahren immer sehr gut ab, sodass ich es diesmal damit probieren werden. Und da Reifen im Winter immer um Einiges billiger sind, bestelle ich im Dezember also die 2 Pirellis.

Anfang des Jahres wird das "Weihnachtsgeld" in ein Schubert SRC Kommunikationssystem für meinen C3 investiert. Das ermöglicht u.a. das Hören der Navi-Ansagen, Telefonieren und die Kommunikation zwischen mehreren Fahrern während der Fahrt. Der Einbau erfolgt durch den Tausch des Originalkragens gegen den "elektronischen" Kragen und hat mich fasst an den Rand der Verzweiflung getrieben. Funktioniert danach jedoch tadellos. Navi-Ansagen sind auch noch bei Geschwindigkeiten jenseits der 100 km/h sehr gut zu verstehen.

Es wird weiter aufgerüstet. Eine neue Action-Cam muss her. Das alte Teil hatte es während der Wörmlitzbikertour im August 2017 entschärft. Die nähere Auswahl fiel auf eine Gopro 5 Hero Black oder Garmin Virb Ultra 30. Beide sind technisch nahezu auf dem gleichen Stand. Wichtig war die Möglichkeit Telemetriedaten aufzuzeichnen um die Videos damit "aufzuhübschen". Das können auch beide und damit war der Preis letztlich ausschlaggebend. Die Wahl traf damit die Gopro. Erste Test im Auto und ab März auf dem Motorrad haben mich bestätigt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, auch wenn die mitgelieferte Software für die Gopro (und speziell für das Einbetten der Telemetriedaten) unterirdisch schlecht ist. Der Versuch mit der freien Software Dashware führt auch nicht zum gewünschten Ergebnis. So investiere ich noch ein paar Okken und kaufe Racerender. Ein wirklich Klasse Produkt. Wenn das Tourvideo fertig ist, dann könnt Ihr Euch davon überzeugen. Bleibt noch die Frage nach Karten fürs Navi. Sowohl für mein TomTom als auch für Klappis gepimptes BMW-Garmin gehören die nicht zum Lieferumfang. Das heißt, sie sind nur gegen Extra-Gebühr vom 80 €uronen zu erwerben. Da hört der Spaß dann aber auf. Da wir ohnehin nur hinter dem Guide herfahren, sparen wir uns daher diese Investition.

Klappi kauft noch ein neues Werkzeugset, eine Spiegelverbreiterung sowie ein Reifen-Reparaturset für die BMW und wir beide noch eine Verbreiterung für den Seitenständer - man weiß nie, wo wir die Maschinen in Marokko so abstellen werden. Zu guter Letzt ordere ich noch einen handbetriebene Not-Luftpumpe. Klappi kauft noch die Werkzeugbox für die GS, die ich schon im vergangenen Jahr an meine GS geschraubt habe. So sollten wir für die Reise gut gerüstet sein. Nicht ganz, denn wie sich beim Durchsehen der Reiseunterlagen zeigt, könnte es zu Problemen mit der grünen Versicherungskarte kommen. Ich checke das sofort ab und stelle fest, dass Marokko bei mir durchgekreuzt ist - also kein Versicherungsschutz. Ein Anruf bei der Versicherung bringt Klarheit. Eine temporäre Grüne Karte mit Marokko gibt es nicht. Ich muss an der Grenze eine s.g. Grenzversicherung abschließen. Man sei ab so kulant, mir 50,- €uro zurück zu erstatten - wenigstens etwas.

Wir warten sehnsüchtig auf dem März, denn einige Touren zu Trainingszwecken für Marokko wollen wir schon noch abspulen. Aber der März ist, ganz im Gegensatz zum letzten Jahr, nicht bikerfreundlich. Mistwetter ohne Ende! Ich mache ausschließlich eine "Saisoneröffnungstour" am 11. März. Dann noch mal kurz zum BMW Händler nach Leipzig, da ein sehr eigenartiges Geräusch am Motorrad Grund zum Check gibt. Das Problem ist jedoch schnell gefunden. Die Zusatzscheinwerfer führen innerhalb der Verkleidung quasi ein Eigenleben - Silikon löst das letztendlich. Zehn Tage vor der Tour fahre ich zum lokalen Reifendealer meines Vertrauens und lasse die neuen Schlappen aufziehen. Na dann kann ja nix mehr schiefgehen!


Überraschungen


Drei Wochen vor dem Tourstart flattert ein Brief des Veranstalters ins Haus. "Bolschaja problema" wie der Russe sagt. Die Fähre von Barcelona nach Tanger fährt erst einen Tag später und ein Hotel in Marokko ist überbucht. Der Veranstalter muss also das Programm ändern. Bei 90 Leuten und den bereits gebuchten Hotels in Marokko keine leichte Aufgabe. Der Vorschlag lautet - wir schlafen in Barcelona zwei Nächte und machen am zweiten Tag eine Tour ins katalanische Hinterland. O.K. klingt ja nicht schlecht. In Marokko muss ein Tag "reingeholt" werden. Daher wird das Hotel in Meknes nicht angefahren. Es geht direkt und größtenteils auf der Autobahn ins Hotel nach Afourer. Mmmmhhh - nicht so schön. Das überbuchte Hotel wird gegen ein anderes getauscht, wodurch sich die vorherige Tagestour aber verkürzt und die nachfolgende um ca. 100 Kilometer verlängert. Mals sehen wie sich das Ganze so gestalten wird.

9. April - Halle - Sant Wendel - 576 km


Um 8:30 Uhr ist Start bei Klappi. Als ich dort eintreffe ist der Meister ziemlich schweißgebadet und etwas unruhig. Was ist los? Erklärung folgt. Beim Anbringen der BMW-ALU-Koffer stellt er fest, dass die angebrachte Werkzeugbox nicht so optimal passt. Das heißt, der linke Koffer lässt sich nicht einhängen. Also Schwup-Di-Wupp Werkzeugbox wieder abbauen und das dort enthaltene Zeugs irgendwie auf die Koffer verteilen. Er ist gerade damit fertig, als ich einrolle. Shit happens on the way to hell!
So kann es also endlich losgehen mit der Tour in Richtung Afrika. Das lässt sofort diverse Erinnerungen aufkommen. Als ich im Vorfeld Freunden und Verwandten von dieser Tour erzählt habe, da kam oft unwillkürlich die Frage:


Die Antwort, dass wir alles mit dem eigenen Bike machen, sorgte dann regelmäßig führt verwirrte Gesichter und große Augen. Ja - nur die Harten kommen in den Garten. Wobei uns zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht klar ist, wie wir die ganze Sache überstehen werden. Die nächsten Seiten geben darauf eine Antwort ...

Das Navi ist auf Sankt Wendel programmiert. Das Wetter ist gut und im Gegensatz zum vergangenen Jahr erreichen wir das Ziel ohne Regen. Wir machen für eine knappe Stunde Halt bei Klappis Tochter Andrea, die in Mainz wohnt. So kann der stolze Opa auch seinen Enkel Emil wieder in den Arm nehmen. Das Dom Hotel ist jedoch geschlossen - keine Menschseele zu sehen. Ich werde so langsam unruhig. Aber wer lesen kann ist ja bekanntermaßen klar im Vorteil. Auf einem kleinen Hinweisschild wird erklärt, dass es die Schlüssel im benachbarten Partner-Restaurant gibt. Die Bikes können wir im überdachten Biergarten abstellen. Na also - doch noch alles im Lot. Klappi holt die Schlüssel und nach kurzem Check-In drehen wir wieder eine kleine Runde in der Stadt. Bei einem sehr schönen Italiener speisen wir köstlich zu Abend. Zurück im Hotel nehmen wir noch ein Absacker-Bier in der Partner Kneipe ehe es in die Heija geht. Morgen steht eine anstrengende Etappe nach Lyon auf dem Programm - ausschließlich Autobahn - ich liebe es ....




10. April - Sankt Wendel - Lyon - 600 km


Der Morgen verläuft wie im vergangenen Jahr mit dem Unterschied, dass wir im Hotel die einzigen Gäste sind. Als wir auf dem Firmengelände von Reisen&Erleben ankommen, sind schon etliche Teilnehmer dort. Es werden ständig mehr. Alles ist wie ein deja vu - ich sehe irgendwie nur BMW's und vor allen R1200GS! Nadja, die Chefin begrüßt alle Teilnehmer. Nach Lyon werden größere temporäre Gruppen eingeteilt. Die eigentliche Gruppeneinteilung gibt es erst in Lyon, da viele Teilnehmer direkt dorthin anreisen. Insgesamt werden es wohl 77 Biker und 90 Teilnehmer. Alter Falter - damit hatte ich nicht gerechnet - eher mit einer Gesamtzahl so um die 40! Nach schauen wir mal, wie das wird. Bin vor allem gespannt wie sich der Check-In in dem Hotel für eine derart große Anzahl von Leuten gestalten wird.

Wie immer lässt sich über die Bolzerei auf der Autobahn nicht viel berichten. Die französischen Autobahnen sind erwiesenermaßen recht gut und die Dichte des Verkehrs mit dem in Deutschland nicht zu vergleichen. Auch Baustellen sieht man äußerst selten. Nach Lyon fahren wir noch mit einer temporären Gruppeneinteilung. Die eigentlichen Gruppen formieren sich erst dort, da viele Teilnehmer direkt nach Lyon anreisen. Ich fahre an Nummer drei. Hinter dem Guide Sascha ein Typ der mich sofort an den Schraubergott erinnert - er atmet quasi die Auspuffluft des Guides - maximal 8 Mater Abstand - egal wann - egal wo und egal wie schnell. Außerdem macht er regelmäßig Kurventraining auf der Geraden - ich verpasse Ihm daher den Namen "Der Schwinger". Ich halte lieber etwas mehr Abstand zu Ihm. Er fährt eine Super Tenere mit dem Aufkleber "Super Tötero" - wohl in Anlehnung an die LKW-Hupe, die er an seinem Bike montiert hat. Na das kann ja noch lustig werden. Hoffentlich ist er nicht in der Gruppe, mit der ich ab morgen den Rest der Tour fahre.

Im IBIS-Hotel angekommen wartet dann die erste Überraschung auf uns. Und die gefällt den meisten überhaupt nicht. Wohl aufgrund der Terrorereignisse der letzten Jahre in Frankreich sind offenbar auch die Modalitäten für das Check-In der Hotel "leicht modifiziert" worden. Will heißen - alle 90 Leute stellen sich an der Rezeption an. Eine Dame und ein Herr müssen jetzt alle Pässe einscannen und im Computer (der offenbar nicht der schnellste und neueste ist) vergleichen. Das klappt manchmal, manchmal muss das Prozedere mehrmals wiederholt werden. Wohl gemerkt - das Ganze für Bürger die innerhalb der EU reisen. Einige bekommen etwas Puls, denn der Vorgang zieht sich ewig hin. Klappi und ich sind nach einer guten halben Stunde dran. Klappis Ausweis lässt sich auch nicht Checken - er soll später wiederkommen! Zum Glück habe ich schon die Zimmerkarte und so können wir wenigstens aufs Zimmer. Als wir uns, wieder in der Rezeption angekommen, nach einem Bier umschauen stehen immer noch einige Biker an der Rezeption.

Das Bier kostet schlappe 7,-€ und wir gehen daher zum 100 Meter entfernten Lidl, um dort einige Dosen wesentlich preiswerteres Bier zu kaufen. Wieder im Hotel angekommen, ist es Zeit für Abend Essen, was es heute in Form eines 3-Gang-Menüs gibt. Vorher eine super Überraschung. Die 8 Tourguides stehen auf und intonieren "Happy birthday to you" - ach ja ich habe ja heute Geburtstag. Die ganze Truppe der Biker stimmt ein und ich bin sichtlich gerührt. Eine Flasche Sekt mit den Unterschriften aller Guides bekomme ich von Nadja als Geschenk des Veranstalters - eine nette Geste! Das Essen ist ganz passabel. Nadja gibt anschließend noch einige spezielle Informationen über die Reise und die Grenzformalitäten bekannt.

Am Tisch sitzt ein Typ - heißt Clemens - ziemlich lange Haare - gut durchtrainiert - über 60 - trinkt kein Alkohol - Vegetarier. Er lebt seit über 30 Jahre in Florida und verkauft dort Luxuskarossen. Sein Laden hat nur von Oktober bis März geöffnet - den Rest des Jahres macht er Urlaub in der ganzen Welt. Hat sich in Spanien mal schnell eine GS gekauft, mit der er nach der Marokkotour noch durch Spanien und Frankreich touren will. Die Gespräche mit Ihm sind sehr aufschlußreich. Gerade seine Meinung über den neuen Präsi der USA ist aufschlussreich und vermittelt Eindrücke, die mein Bild von den Amerikanern eher bestätigen - Nett - Hilfsbereit - Oberflächlich - die Masse ungebildet - nur auf Amerika fixiert.

Die Gruppeneinteilung für den Rest der Reise ist ab morgen auch klar. Unser Guide ist Thomas. Kommt aus Sankt Wendel und fährt schon etliche Jahre für R&E als Guide. Leider ist auch der Tötero wieder mit dabei. Hier die gesamte Gruppe in der anfänglichen Fahrreihenfolge:

 Thomas ( BMW K1200GT)
 Tötero (Yamah Super Tenere)
 Gaby und Edgar (BMW K1600GT)
 Olaf (BMW R1200GS ADV)
 Klappi (BMW R1200GS ADV)
 Susi (BMW R1200GS)
 Gerd (BMW R1200GS)
 Annette und Rainer (BMW R1200GS ADV)
 Dietmar (BMW S1000XR)


V.l.n.R Markus-Tötero-Gaby-Shjidu-Annette-Thomas-Rainer-Gerd-Olaf-Edgar-Klappi

Zum Glück positioniert sich Edgar direkt hinter dem Tötero, was aber noch Konsequenzen haben wird. Wir verziehen uns bald auf unser Zimmer und nehmen noch eine Büchse des billigen Lidl-Bieres.




11. April - Lyon - Malgrat de Mar - 604 km


Die Großwetterlage verheißt für die heutige Autobahnetappe nichts Gutes. Sturm und Regen haben sich angesagt. Doch das müssen alle durch. Da heißt die Devise, erstmal ein ordentliches Frühstück zu sich nehmen um genug Energiereserven aufzubauen. Im IBIS-Hotel ist das bis auf das leidige Problem mit dem Kaffee (ein Automat für 90 Leute) ganz passabel. Die Gruppe formiert sich gegen 8:30 Uhr zur Abfahrt in der o.g. Reihenfolge. Die Autobahn ist schnell erreicht und der Verkehr hält sich in Grenzen. Leider treffen die Wettervorhersagen ein sodass Thomas bald einen Stopp einlegt, damit wir unsere Regenklamotten anziehen können. Und das tut auch Not. Der Regen wird ständig stärker, die Sicht übel und die Temperaturen nähern sich 7 Grad Celsius. Teilweise läuft das Wasser in Strömen am Visier herunter. Es ist allerhöchste Konzentration geboten, um hier nicht den Anschluss zu verlieren. Ich orientiere mich an den Rücklichtern von Edgar um nicht abreißen zu lassen. Alter Falter - so ein Sauwetter habe ich bisher auf dem Motorrad kaum erlebt.

Dazu kommt noch die Geschichte mit der französischen Maut, die ungefähr sieben mal anfällt. Und das klappt mal besser und mal schlechter. Manchmal ist ein Ticket zu ziehen, dann gleich zu bezahlen. Am Einfachsten geht das mit Kreditkarten. Aber auch die spucken die Automaten hin und wieder aus und man muss es mehrmals probieren. Auch der Aufwand für den Bau und den Betrieb der unzähligen Mautstellen ist für mich ein Unding. Was haben die Franzmänner sich dabei nur gedacht? Da lobe ich mir das Schweizer und Österreichische System mit Vignetten. Das ist zwar für Wenigfahrer nicht unbedingt gerecht, aber wesentlich Ressourcen schonend und nicht so nervenbelastend.

Bei Montpellier treffen wir auf die Mittelmeerküste, die jedoch aufgrund des Wetters nur zu ahnen ist. Kurz hinter Perpignon passieren die spanische Grenze. Es regnet langsam etwas weniger und ganz weit hinten am Horizont zeigen sich helle Flecke. Die Hoffnung auf Wetterbesserung steigt von Minute zu Minute. Auch die Temperaturen nähern sich so langsam wieder dem 15 Grad. Auf Höhe des Ortes Girona (die Sonne scheint) sind es auf direktem Weg zum Hotel noch ca. 50 Kilometer. Aber die Tourleitung hat sich offenbar entschieden, bei gebessertem Wetter die Küstenstraße zu fahren. Das bedeutet zusätzliche 50 Kilometer. Auf einem Parkplatz entledigen sich die meisten der Regenkombis ehe es auf die weiter auf der Küstenstraße GL-682 geht. Und der Guide lässt es so richtig krachen. Die Gruppe reißt immer wieder auseinander. Es sind offenbar nicht alle gewillt, nach 7 Stunden hochkonzentrierter und kräfteraubender Regenfahrt, die Tour hier zu beenden. Ich finde es auch grenzwertig, zumal für den kommenden Tag ohnehin eine Tour über diese Strecke und im katalonischen Hinterland geplant ist. Die Strecke ist zwar schön aber auch sehr gefährlich, da der Regen viele Gesteinsbrocken auf die Fahrbahn gespült hat. Ich muss auch so einem Teil in einer Rechtkurve ausweichen und befinde mich kurz darauf im Schotterbett neben der Straße. Zum Glück sitze ich auf einer GS und drehe kurz kräftig am Gansgriff. Sekunden später bin ich wieder auf der Fahrbahn und erhöhe nochmal die Konzentration und den Abstand zum Vordermann Edgar. Mag mir nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn er mit Seiner R1600GT dort reingefahren wäre.

Als wir am Zielort Malgrat de Mar eintreffen, bin ich froh, dass alle wohlbehalten angekommen sind. Auch bei den anderen Gruppen ist zum Glück nichts passiert. Die Gesichter der Gruppe zeigen, dass alle ziemlich an Ende sind und wohl auch nicht ganz mit der zusätzlichen Kurvenrunde einverstanden waren. Nach dem Essen gehen wir noch in die Bar, wo für 6,-€ Biere a 0,4 Liter vom Fass angeboten werden. Morgen steht eine Tour ins kalatanische Hinterland und entlang der Küstenstraßen an. Bei gutem Wetter und ausgeruht sollte das bestimmt riesig Spaß machen.




12. April - Rundtour Katalonien - 253 km


Jetzt geht die Tour wohl erst richtig los, was offenbar auch beim Wettergott angekommen ist. Strahlender Himmel und Temperaturen um 20 Grad bilden eine super Basis für die heutige Tour. Mein Nachbar Thomas hatte mir gestern einen Link geschickt, der das nahe gelegene Kloster Montserrat zeigt. Das würde ich mir gerne anschauen. Ich finde aber auf die Schnelle keinen, der sich mir anschließen würde. Klappi weiß auch nicht so Recht was er machen soll und so fahren wir mit unserer Gruppe die angebotene Tour mit. Der erste Teil der Strecke ist identisch mit der vorabendlichen "Nachregenrunde". In Sant Filiu de Guixols legen wir an einem Kaffee dierekt am hellen Strand eine Kaffeepause ein. Es folgt der hoch gelegene Aussichtspunkt über Tossa de Mar. Er gibt den Blick auf die wunderbar in der Bucht gelegenen Stadt frei - grandios. Weiter in nordöstlicher Richtung biegen wir bei Sant Antoni de Calonge ins Landesinnere ab. Auch hier erwarten und Kurven vom Allerfeinsten. Das hätte ich hier so nicht erwartet. Und auch im weiteren Verlauf nimmt das Geschlängel nicht ab. Unser Guide Thomas ist während der Runde heftig mit seinem Navi beschäftigt. Das etwas in die Tage gekommene Teil verweigert wohl ab und zu mal den Dienst, was dazu führt, dass wir öfters mal eine kleine Extrarunde drehen. Aber es ist ja Urlaub und wir sind ja nicht auf der Flucht. Keep cool - wie ich immer sage!

Nach guten 250 Kilometern ist die Rundtour beendet. Alle sind zufrienden und setzten sich gleich nach dem Eintreffen am Hotel erst einmal gemeinsam an einen Tisch und genießen 1-2 Bierchen. Nur der Tötero ist nicht dabei. Ist ein ziemlicher Eigenbrödler und keiner findet so recht zu Ihm Kontakt. Bis zum Essen haben wir noch fast 2 Stunden Zeit. Da das Mittelmeer nur 200 Meter vom Hotel entfernt ist, mache ich mit Klappi noch einen wunderbaren Spaziergang entlang am Meer und der Promenade. Dort ist noch nicht Saison und so lässt es sich dort gut schlendern. Die Anzahl der Touristen ist überschaubar. In 4-5 Wochen ist bestimmt der Teufel los. Der ganze Ort ist offenbar ein typischer Retortenbau aus den 60-ern. Alles schon sehr in die Jahre gekommen. Auch sieht man sehr viele geschlossene Ruinen. Hier Urlaub zu machen, kann ich mir beim bestem Willen nicht vorstellen. Zurück im Hotel ist das Buffet auch schon eröffnet.



13. April - Malgrat de Mar - Fähre Barcelona - 65 km


Aufstehen schon um 5:30 Uhr - um 6:00 Uhr Frühstück - um 6:30 Uhr Abfahrt in Richtung Fähre. Als wir noch fast im Dunkeln das Hotel verlassen ist auch schon wenig später wieder mal Maut fällig. Dabei geht nach der Mautstelle alles so schnell, dass ich prompt einen meiner Handschuhe vergesse anzuziehen. Als wir bereits auf der Autobahn sind merke ich das zwar, aber es ist zu spät - das gute Teil ist weg und Umdrehen geht nicht. Also weiter mit einem Handschuh. Das kann ja lustig werden, denn ich habe nur noch die dickeren Ersatzhandschuhe für kältere Temperaturen dabei. Der geplante Treff um 7:00 Uhr an der Fähre wird glatt um eine Stunde verpasst. Der Verkehr in Barcelona ist der Hammer. Zwischen den vierspurigen Fahrbahnen zischen links, rechts und überall wo sonst noch ein halber Meter Platz ist, Mopeds und Motorräder vorbei. Und das manchmal in Geschwindigkeiten, die mit Falten in die Stirn zaubern. Entweder die Spanier können das, oder sie sind einfach nur bescheuert.

Am Parkplatz vor dem Fährterminal fragt ein Fahrer aus einer anderen Gruppe, ob jemand seinen Handschuh vermißt. Oh wie bin ich froh - es ist meiner! Da kann das warme Wetter in Marokko kommen. Das Boarding verzögert sich (wie auf italienischen Fähren nicht anders zu erwarten) um über eine Stunde. Dafür gibt es aber hinsichtlich des Verzurrens der Motorräder erfreuliches zu berichten. Alle Biker werden vom Personal auf den jeweiligen Standplatz verwiesen. Dort liegen auch schon richtige Spanngurte bereit. Das Verzurren übernimmt die Crew. Das ist ja mal ein Service. Ich erinnere mich noch an die Fähre von Genua nach Sardinien 2015, wo wir die Bikes mit dreckigen Stricken an Heizungsrohren anknüppern mussten. Die 4-er Kabinen sind vom Veranstalter alle mit 2 Personen belegt. Das hat den Vorteil von "reichlich" Platz, den die Sachen können komplett auf dem oberen Klappbett deponiert werden. Klappi und ich richten uns erstmal ein, ehe wir aufs Deck gehen. Gegenüber unserer Fähre liegen mit "Mein Schiff 2" und einer "MSC" riesige Kreuzfahrtschiffe. Die von Nadja verteilen Essen-Voucher nehmen wir erstmals zum Mittagessen in Anspruch. Das Buffet ist ganz ordentlich. Gegen 16:00 Uhr ist Treffpunkt aller Teilnehmer vor der Rezeption. Nadja erklärt sehr genau, wie das morgen mit den "Einreisformalitäten" läuft. Außerdem müssen alle gegen 17:00 Uhr zu einem marokkanischen Inspektor im hinteren Teils des Schiffes. Dort wird die hochnotwichtige Einreisenummer in den Pass gestempelt. Und ohne die geht gar nix - weder rein noch raus. Alles muss zusammen mit den Papieren für den Zoll total sicher aufbewahrt werden. Dort sind auch Typ und Fahrgestellnummer des Motorrads vermerkt. Nicht dass man mit einer BMW-GS einreist und mit nem 20 Jahre alten Roller wieder ausreist.

Während der Fahrt weht ein ziemlich heftiger Wind und da die Temperaturen auch nicht so der Brüller sind, verbringen wir die längste Zeit in den diversen Salons im Schiff. Die Nacht verläuft auch sehr ruhig - das gleichmäßige Schaukeln der Fähre lässt mich angenehm schlafen. Morgen sind wir endlich in Marokko.




14. April - Tanger Med - Tanger - 43 km


Endlich nähern wir uns dem Ziel der Reise. Und das will offenbar auch der Wettergott zeigen, denn beim Gang auf das Sonnendeck strahlt der ganze Himmel blau. In weiter Ferne sind die schneebedeckten Berge der spanischen Serria Nevada zu sehen. Dieses Hochgebirge liegt im Süden Spaniens in den Provinzen Granada und Almería in der Autonomen Region Andalusien und ist ein 100 km langer Teil der Betischen Kordillere. Die Sierra Nevada zieht sich in westöstlicher Richtung an einem Teil der südlichen Mittelmeerküste Spaniens entlang. Teilweise reichen die Steilhänge bis direkt ans Mittelmeer heran, wie zum Beispiel in und um Almería.Die höchste Erhebung ist der Mulhacén (3482 m), gefolgt vom Pico del Veleta (3397 m) und Alcazaba (3392 m). Eine wunderbare Gegend, in der man bestimmt auch herrlich Motorrad fahren kann. Da muss ich wohl nach der Tour noch mal das Internet befragen

In Fahrtrichtung links ist immer noch nichts von Marokko zu sehen. Das dauert noch eine ganze Weile. Dann sieht man auf der rechten Seite den Felsen von Gibraltar in weiter Entfernung auftauchen. Und auch zur Rechten sind die Umrisse eines Gebirges zu erkennen. Aber erst 2 Stunden später sind wir auf Höhe des Felsens von Gibraltar, de auf de rechten Seite sehr gut zu sehen ist. Erst weitere zwei Stunden später legen wir gegen 11:00 Uhr im Hafen von Tanger Med an. 2 Stunden Verspätung gegenüber der offiziellen Zeit. Macht nix - wir sind endlich in Marokko.

Die ganze Reisegruppe fährt gemeinsam zur Polizei - und Zollstation. Dort warten schon unser marokkanischer Guide Shjidu auf uns. Er spricht perfekt Deutsch. Alle, die noch nicht in Marokko waren (und sind fast Alle) müssen zunächst zur Polizei - Kontrolle des Passes mit Einreisenummer - dann Einreisestempel. Da es dafür nur einen Schalter gibt, verzögert sich schon hier alles. Zum Glück erledigt Shjidu das Prozedere mit dem Zoll. Er sammelt gruppenweise die Pässe und die ominösen dreilagen Papiere ein, geht damit zum Zoll. Da das Ganze für 90 Leute gemacht werden muss, heißt es auch hier - Geduld - Geduld - Geduld ....

Alle, die das überstanden haben, fahren eine Station weiter. Geld abheben und Granzversicherung abschließen. Geld ziehe ich am Automaten. Versicherung über 65,-€ wird bar in Euro bezahlt. Bis alle auch dort durch sind verstreichen Summa Sumarum 4 Stunden. Es trennen und nur noch ca. 50 Kilometer bis zum ersten Hotel in Tanger.Alle, die das überstanden haben, fahren eine Station weiter. Geld abheben und Grenzversicherung abschließen. Geld ziehe ich am Automaten. Versicherung über 65,-€ wird bar in Euro bezahlt. Bis alle auch dort durch sind verstreichen Summa Summarum 4 Stunden. Es trennen und nur noch ca. 50 Kilometer bis zum ersten Hotel in Tanger.

Das erreichen wird am späten Nachmittag. In Tanger stimmen wird uns schon mal auf den zu erwartenden Verkehr in den anderen während der Tour noch kommenden größeren Städte wir Marrakech und Fes ein. Und der Verkehr ist wirklich "anders"! Das wichtigste ist eine funktionierende Hupe. Aber nicht etwa um den anderen Verkehrsteilnehmern zu sagen "Weg da - hier komme ich" - sondern "Hallo ich bin auch noch da - passt bitte auf". Und dieses Prinzip klappt offenbar sehr gut. Dabei sind natürlich rote Ampeln nur ein Signal, dass man beachten kann - aber nicht muss. Auch den Fahrbahnen bewegt sich alles was Räder und Beine hat. Autos, LKW's, Mopeds, Motorräder, Rollstuhlfahrer, vollverschleierte Frauen und Bettler, die an Kreuzungen nach Bakschisch fragen. Für uns Europäer ist alles ungewohnt. Daher ist höchste Aufmerksamkeit geboten. Am Schnellsten lerne ich, meinen linken Daumen immer an der Hupe zu halten und auch zu betätigen.

Im Hilton Garden-In erwartet man uns schon. Das Tour zu Tiefgarage ist geöffnet und mehrere Personen des Personals weisen uns ein. Als ich das Bike parke und die Taschen ausräume, höre ich aus einem anderen Teil, den ich nicht einsehen kann, ein lautes Stimmengewirr. Na - was ist denn da los. Die Erklärung gibt Edgar. Er hat wohl im Gewirr der Tanger-Einfahrt einmal den Tötero überholt, weil es verkehrstechnisch nicht anders ging. Der ist dann wie ein "Irrer" sehr nach an Edgar wieder vorbei - knapp an Kollision! Das fand Edgar natürlich nicht so lustig. Das eskalierte dann in der Garage in einem handfesten Streit. Der Tötero meinte, er fährt immer an Nummer 2 und wenn man Ihn überholen will, denn muß man Ihn gefälligste fragen. Und außerdem hätte er Edgar auch locker an den Lenker fahren können, wenn er gewollt hätte. Das haut mich fasst um - hätte er das mit mir gemacht, dann weis ich nicht, was passiert wäre - wahrscheinlich hätte seine Zahnbürste am nächsten Tag ins Leere gestochen! Der Guide Thomas hält sich aus allem raus. Edgar spricht daraufhin mit Nadja. Er möchte die Gruppe wechseln. Sie sollen aber erstmal versuchen, das Ganze unter 4 Augen zu klären. Das passiert auch. Aber ohne den richtigen Erfolg. Man einigt sich darauf, dass Gerd und Susi hinter dem Tötero fahren. Dann Edgar - Klappi - Ich - Rainer und Markus. Das wird dann auch den Rest der Tour so bleiben.

Das Hilton mach seinem Namen alle Ehre. Unser Zimmer ist riesig groß. 2 Betten a 1,8 Meter Breite und ein überaus geräumiges Bad verwöhnen uns. Dazu noch ein Blick von der neunten Etage auf den direkt vor dem Hotel liegenden Strand. Na das ist ja mal ein guter Begin der Tour. Auch das folgende Abendessen lässt keinerlei Wünsche offen. Klappi und ich machen danach noch einen kleinen Rundgang außerhalb des Hotels. Wir wollen für den kommenden Tag noch ein paar Flaschen Wasser kaufen. Keine 200 Meter entfernt entdecken wir eine riesige Mall, die denen in den Staaten und Europa in nichts nachsteht. Über 5 Etagen sind alle namhaften Marken der Welt, sowie einige einheimische Läden verteilt. In einem gewaltigen Supermarkt finden wir auch das gewünschte Wasser. Zurück im Hotel, gibt‘s es noch ein einheimisches Bierchen der Marke Casablanca für geschmeidige 7 €uronen, ehe es ins Bett geht. Dieses Bier wird in den kommenden Tagen zur Standardversorgung gehören.




15. April - Tanger - Afourer - 560 km


Leider ist durch die bereits geschilderte Reiseänderung heute eine eher nicht so spannende Route geplant. Um den fehlenden Tag aufzuholen, ist ein fast 600 Kilometer lange Autobahnstrecke A1-A5-A8 geplant. Erstmal nahe dem Atlantik - vorbei an Rabat - dann ab Höhe Casablanca in südlicher Richtung. Einige Guides hatten im Vorfeld vor den teilweise katastrophalen Zuständen der marokkanischen Autobahnen gewarnt. Aber das war wirklich maßlos übertrieben. Die Qualität ist nicht schlechter, als die in Frankreich. Der Verkehr ist allerdings um ein Vielfaches geringer. Auch ist wieder Maut zu entrichten. Das haben sich die Kameraden natürlich in Frankreich (als ehem. Kolonie) abgeschaut. Will heißen - totaler Blödsinn. Weiter Autobahn - es gibt nichts zu berichten.

Das heutige Ziel in Afourer liegt am Rande des Atlas Gebirges. Und je näher wird dem kommen, desto mehr wandelt sich die Landschaft. Schon weit in der Ferne sind die noch schneebedeckten Gipfel zu sehen. Erst vermutete ich dort nur tiefhängende Wolken. Dann bin ich aber doch erstaunt, wie sich das riesige Gebirge so einfach aus dem Nichts erhebt - sehr beeindruckend. Das macht Spaß auf die nächsten Tage der Tour, wo wir denn höchsten Pass dort überqueren wollen. Die letzten 50 autobahnfreien Kilometer bis zum Hotel geben schon einen kleinen Vorgeschmack auf die kommenden Tage.

Das Hotel Tazarkount liegt eigenbettet in einem verträumten Park mit Pool, Orangebäumen und auch sonst allerlei exotischen Gewächsen. Ein kleiner Rundgang nach dem Check-In läßt so langsam richtige Marokko-Stimmung aufkommen. Es ist noch etwas Zeit bis zum Essen und so setze ich mich Klappi, Moni und einigen anderen Bikern an einem Tisch im Garten. Wenig später kommen zwei ältere Damen in Begleitung einer "nicht ganz so alten" Blondine an den Tisch und fragen ob Sie Sich zu uns setzen dürfen. Die älteste spricht Englisch und sehr ausgeprägtes Österreich-Deutsch. Die andere "Ältere" sagt - man nennt sie "Madam Ilsi". Sie ist die Chefin, d.h. Ihr gehört das Hotel. Na das ist ja mal eine Überraschung. Madam Ilsi ruft sofort die Bedienung und bestellt für alle Getränke nach Wunsch. Madam Ilis lebt wohl seit 32 Jahren in Marokko. Sie war mit einem Marokkaner verheiratet und Ihr gehört noch ein weiteres Hotel in den Bergen. Die Unterhaltung mit Ihr und der Blondine ist einfach köstlich. Sie vertriebt wohl weltweit marokkanische Hamams und wird nicht müde zu erklären, dass die marokkanischen natürlich viel besser als die türkischen sind. Denn hier wird man mit der berühmten schwarzen Seife gewaschen und das abschließende Einölen erfolgt mit dem wohl noch bekannteren Arganöl. Vor dem Besuch der Moschee geht man in ein öffentliches Badehaus, das Hamam. Übernommen haben die Orientalen das Dampfbad von den alten Römern und bis heute ist es fester Bestandteil der muslimischen Kultur. Es ist ein Reinigungsritual, das viele Marokkaner einmal in der Woche in Anspruch nehmen und gerade für Frauen stellt die wöchentliche Zusammenkunft in einem Hamam eine wichtige soziale Komponente dar, hier wird nicht nur gebadet, eppelliert und gewaschen, sondern auch Klatsch und Tratsch bei den ansonsten so verschleierten Orient-Damen verbreitet. In der Regel sind die Hamams streng nach Geschlechtern getrennt. Ich war das letzte mal 2015 anlässlich der Männertagstour in Antalia zusammen mit meinem Studienkumpels in einem Hamam. Und das war ausgesprochen erholsam und entspannend.

Zum Abendessen finden wir wieder typisch marokkanischen Speisen vor, die wohl aber mit Rücksicht auf den europäischen Gaumen gewürzmäßig für mich nicht so spannend sind. Da habe ich mich wirklich etwas mehr "Einheimisches" vorgestellt. Das Fleisch (natürlich kein Schwein) wird immer zusammen mit den Knochen serviert und man weiß nie so recht, was man sich auf den Teller packt. Auch Fisch ist im Angebot. Natürlich Salate aller Art, Couscous, Nudeln, Reis und natürlich Unmengen süßer Nachspeisen und Kuchen - ein Muss auf dem marokkanischen Tisch. Es ist also für jeden Geschmack etwas dabei.




16. April - Afourer - Marrakech - 270 km


Da wir die erste Königsstadt Meknes aufgrund der Planänderung vor der Tour nicht sehen konnten, freue ich mich jetzt umso mehr, heute nach Marrakech zu kommen. Wenn Nadja am Beginn der Reise sagte, dass die eigentliche Reise erst beginnt, wenn wir uns Marrakech nähern, dann hat Sie damit sicher übertrieben. Der erste Stopp ist oberhalb des Stausees Barrage Bin El-Quidane. Dort hat man einen wunderbaren Blick auf den großen See. Zwischenzeitlich saust die blaue Gruppe von Larry an uns vorbei. Ich versuche schnell ein Video zu drehen.

Wieder auf der Piste sind die höchsten Wasserfälle Marokkos in Ouzoud das Ziel. Etwa 150 km nordöstlich von Marrakesch gelegen, gelten sie als die höchsten und schönsten Marokkos. Die Wasserfälle fallen in mehreren Etagen insgesamt 110 Meter über rote Felsen. Die Ufer der Wasserfälle sind von Feigenbäumen und urwaldähnlichen Lianen bewachsen. Auf einem Fußweg kann man an die Oberkante der Wasserfälle und auf einem steilen Weg auf der rechten Seite der Wasserfälle nach unten gelangen. Unten kann man mit einer kleinen Fähre den Fluss überqueren und auf dem normalen Weg über die Treppen wieder nach oben gelangen. Wir machen eine ganze Stunde Pause und nehmen uns richtig Zeit zum Fotografieren. Für einen Espresso und eine Cola suchen wir uns ein schattiges Fleckchen, denn wir sind schon bei knapp 30 Grad angekommen.

Weiter führt der Weg zur Königsstadt über viele kleine Orte, wo sich Unmengen von Menschen auf den Straßen tummeln. Die Orte machen oft einen sehr heruntergekommenen Eindruck und ich frage mich, wie man hier leben kann. In Daouar Sahrij legen wir die nächste Pause ein. Holger holt auf dem Markt ein Kilo Bananen. Einige andere Biker lassen sich an einem Stand etwas bruzeln. Die Motorräder sind sofort durch Heerscharen von Kindern umzingelt. Ich kann ein paar schöne Bilder machen, ehe wir die Tour fortsetzen.

Man merkt so langsam, dass wir uns Marrakech nähern. Im Großraum der Stadt wird der Verkehr immer dichter und unübersichtlicher. Da heißt es wachsam bleiben und den Kontakt zum Vordermann in Gruppe nicht abreißen zu lassen. Der erste Eindruck von Marrakech ist völlig anders als erwartet, den weder heruntergekommenen Lehmhütten noch ärmlich aussehende Menschen begegnen uns. Ganz im Gegenteil - topmoderne Bauten und Häuser an der Peripherie. Alles eingefasst mit äußerst gepflegten Grünanlagen und Palmenhainen. Man glaubt in einer südspanischen Stadt zu sein. Hier leben knapp eine Million Menschen. Die Stadt sowie die Agdal-Gärten und der Menara-Garten wurden 1985 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Obwohl wir hier zwei Nächte schlafen, werden wir wohl kaum Zeit haben, uns all die Sehenswürdigkeiten der Stadt anzuschauen.

Das heutige Hotel "Adam Park Marrakech" ist schon von außen ein Kleinod. Wir dürfen wieder in der Tiefgarage parken. Das Beziehen der Zimmer geht heute fix. Der große Pool lädt zu einer kurzen Entspannung und Abkühlung ein. Also erst mal rein in den Pool. Für 18:00 Uhr hat R&E eine Stadtbesichtigung in Pferdekutschen organisiert. Da sind wir natürlich dabei. Das macht auch einen riesigen Spaß. Vor dem Hotel stehen ca. 20 2-er Gespanne in denen jeweils vier Personen Platz finden. Erst rollen die Kutschen durch die modernen Teile vom Hotel bis in die Altstadt. Dann drehen wir eine Runde durch die Randviertel der Suks. Zwischen Heerscharen von Menschen, Mopeds, Schubkarren drängeln sich die Kutschen hindurch. Ich bin erstaunt, dass wir hier überhaupt durchkommen. Halt der Fahrt ist am Rande des s.g. Gauklerplatzes. Marokkanisch heißt der Platz Djemaa el Fna und ist eine der Hauptattraktionen der Stadt. Dieser der mittelalterliche Markt- und Henkersplatz, ist heute ein lebendiger Ort orientalischer Geschichtenerzähler, Schlangenbeschwörer, Affenhalter und Gaukler. Und hier steppt bereits der Bär. Überall große Menschenansammlungen, die den unterschiedlichsten "Aufführungen" zuschauen. Wenn man genau hinschaut, dann merkt man, dass alles doch "straff durchorganisiert" ist. Die Gaukler zeigen Ihr Programm und im Hintergrund stehen immer 1-2 Leute, die aufpassen, welche Touristen das Ganze fotografieren. In Windeseile sind diese "Aufpasser" dann bei dem betreffenden und fordern hartnäckig einen Obolus für das Fotografieren - total lustig - aber auch Ernst, denn damit verdienen die Leute letztlich Ihr Geld. Leider sieht man auch an Ketten gehaltene Affen, die für Kunststücker herhalten müssen. Auch allerlei Schlangen kriechen zum Teile schon halbtot aus irgendwelchen Taschen und Säcken heraus. An jeder Ecke wird etwas zu Essen und Trinken angeboten. Wir gönnen uns mehrmals frisch gepressten Orangensaft - 0,25 Liter für 4,-DH - also etwa 40,- Cent.

Ich mache mit Klappi einen kleinen individuellen Rundgang in den Suks. Al zu weit hinein gehen wir jedoch nicht, da wir nicht wissen, ob wir da jemals wieder hinauskommen. In der "Schmuckabteilung" kauft Klappi einen Silberarmreif für seine Frau. Auch hier wird natürlich kräftig gehandelt. Ich habe noch keinen Plan was ich für Heike (hat ja in zwei Tagen Geburtstag) mitbringe. Denke an eine Ledertasche. Die soll jedoch in Fes günstiger geben und daher werde ich bis dahin noch warten. Wieder auf dem Gauklerplatz angekommen erwecken die zahlriechen kleinen Stände, an denen Henna-Tattoos gemacht werden meine Aufmerksamkeit. Bei Henna handelt es sich eigentlich um eine Pflanze aus dem Mittleren Osten. Das Pulver für die färbende Paste wird aus den getrockneten und zermahlenen Blättern des Hennastrauchs gewonnen. In den orientalischen Ländern werden Henna-Tattoos dafür verwendet, um Bräute bei ihren Hochzeiten zu schmücken und zu segnen. Hauptsächlich werden die Hände und Füße mit den Kunstwerken verziert, aber bereits im frühen Pharaonenzeitalter wurden die Mumien mit der Pflanzenpaste bemalt. Als ich mich an einem Stand mal nach den angebotenen Motiven umschaue, hat die Dame sofort meinen rechten Arm fest im Griff und macht zunächst einen kleinen Punkt auf den Unterarm und brabbelt ohne Unterlass auf mich ein. Ich schaue wohl etwas überrascht und ungläubig, während die Künstlerin innerhalb von 10 Sekunden aus dem Punkt einen kleinen Skorpion zaubert - meinen Arm immer fest im Griff. Klappi krümmt sich dabei vor Lachen. Als das Kunstwerk fertig ist, verlangt Sie schlappe 200 Dirham - holla - für 10 Sekunden Arbeit selbst hier ein königlicher Verdienst. Ich bitte Klappi der Dame 50 Dirham zu reichen, was Sie natürlich kategorisch ablehnt. Sie besteht auf 200 Dirham. Aber ich bekomme den Arm los und so bleibt es bei den 50Dh - natürlich bei noch lauter werdendem Gezetere der Dame. Beim Wegziehen des Arms komme ich prompt an mein T-Shirt, was sofort eine Kopie des Skorpions hat. Alles kein Problem meint die Dame - nur mit Wasser auswaschen, dann ist das wieder weg. Na hoffentlich - das T-Shirt ist nagelneu.

Um 20:30 fahren alle mit bestellten Taxen zurück ins Hotel. Ich versuche das T-Shirt auszuwaschen, was jedoch gründlich schiefgeht. Also ab in die Tonne mit dem guten Stück. Wir lassen den Abend gemütlich ausklingen und trinken gemeinsam mit Moni und 2 anderen Bikern noch ein paar Bier aus. Morgen liegt ja noch ein spannender Tag in Marrakech vor uns.




17. April - Freier Tag in Marrakech


Der Veranstalter hat für den Vormittag eine Stadtrundfahrt mit zwei Bussen organisiert, an der fasst alle teilnehmen. Pünktlich um 9:00 Uhr stehen die Busse abfahrbereit vor dem Hotel. In unserem Bus fährt Shjidu mit und so wird es nicht langweilig. Er ist immer für einen Lacher gut und erklärt allem sehr ausführlich die Besonderheiten der Stadtviertel, durch die wir fahren. Die ganze Region rund um das Hotel ist top modern und äußerst gepflegt. Der Rasen super grün, kein Müll und Dreck auf den Straßen, die Palmen an den vierspurigen Alleen alle gut gepflegt. Vorbei geht es an modernen Gebäude, großen Einkaufs-Malls, Hotels und einer gigantischen Konzerthalle. Den ersten Stopp legen wir an einem großen Park ein. Den zweiten am Pallais Bahia. Hier gibt es allerhand zu sehen und zu hören. Shjidu erklärt während der Führung die "Vorzüge" der marokkanischen Vielweiber-Ehe auf eine recht amüsante Art, die mich mehrmals zum Lächeln bringt. Sehr beeindruckend ist die Architektur mit den vielen Wand - und Deckenverzierungen. Ich frage mich, wie viele Leute hier wohl beim Bau beschäftigt waren.

Der Bus fährt weiter zum Gauklerplatz, von wo aus wir einen Rundgang durch die Soucks machen. Beginnend am Minarett der Koutoubia-Moschee führt eine breite Allee zum Gauklerplatz. Der Platz heißt eigentlich Djemaa el-Fna, was so viel wie "Der Platz der Geköpften" bedeutet. Wir tauchen wie am Vorabend in eine andere Welt ein, die mich irgendwie tief beeindruckt. Wie schaffen es die Menschen hier, unter teilweise katastrophalen Arbeitsbedingungen über die Runden zu kommen? In engsten Räumen, oft nicht mehr als 2-3 Quadratmeter, wird geschweißt, genäht, gehämmert und was weiß ich noch alles! An jeder Ecke verzaubern oder verwirren Gerüche jeglicher Art. Alle Gewerke haben eigene Viertel - Gasse der Eisen- und Kupferschmiede - Gasse der Färber - Gasse der Schmiede! Überall wird versucht, die Waren an den "Touristen" zu bringen. Manchmal rennen die Verkäufer mehr als 100 Meter den potenziellen Käufern hinterher. Manchmal ist das ziemlich belastend - manchmal auch überaus amüsant. Hier kann man wirklich die Seele Marokkos erschnüffeln, bestaunen und gekosten. Nirgendwo sonst ist die exotische Atmosphäre aus 1001 Nacht so authentisch zu erleben wie in den engen, verwinkelten Gassen und auf den bunten Souks der Stadt, die bereits 1071 gegründet wurde. Nach dem Rundgang folgen Larry und einigen anderen Bikern in ein Restaurant mit Dachterrasse, von wo aus wir einen genialen Blick auf den gesamten Gauklermarkt haben. Klappi bestellt Fleischspieße (so eine Art Chevapchichi), die sehr lecker sein sollen. Ich nehme eine leckere Tajine. Das ist ein rundes, aus Lehm gebranntes Schmorgefäß mit gewölbtem oder spitzem Deckel, das mit Fleisch und leckerem Gemüse gefüllt ist.

Gegen 14:30 Uhr fährt unser Bus zurück ins Hotel Adam Park. Wir sind froh, als wir hier wieder ankommen. Die Temperaturen nähern sich den 33 Grad und so lädt der herrliche Pool und die darum befindlichen Bars zu einem sehr entspannten Nachmittag ein. Ein sehr schöner Tag geht zu Ende, der mir eine Unmenge neuer Eindrücke gebracht hat. Jetzt sind wir in Marokko angekommen.




18. April - Marrakech - Quarzazate - 222 km


Der Hohe Atlas ruft - wir kommen. Da es nur gute 200 Kilometer bis zum Tagesziel sind, lassen wir es ruhig angehen. Die erste Pause wird zum Tanken genutzt. In einer mitten in der Pampa gelegenen Tankstelle schaut es schon etwas anders aus, als an denen der größeren Städte. Das kann man besonders beim Besuch der Örtlichkeiten erfahren. Sitzmöglichkeiten gibt es nicht, sondern die bekannten Löcher und Haltegriffe an den Wänden. Daneben ein Eimer, den man vorher mit Wasser füllen muss. Andere Länder - andere Sitten. Dafür erfreut uns der Benzinpreis, der umgerechnet etwas bei einem Euro liegt.

Gegen halb zwölf halten wir das zweite Mal an einem kleinen Imbiss oberhalb eines Tals. Hier versorgen wir uns mit Wasserflaschen. An Fotomotiven ist hier kein Mangel. Die roten Felsen der Berge geben einen guten Kontrast zum satten Grün des Tals. An den Berghängen befinden sich unzählige Lehmhütten. Ein untrügliches Zeichen, dass sie noch bewohnt sind, sind die auf den Dächern montierten Sattelitenschüsseln. Wir sehen auch oft nagelneue Antennentürme auf den Bergkuppen. Es ist nicht übertrieben, wenn ich hier feststelle, dass das "letzte" Dorf in Marokko besser mit Internet versorgt ist, als die meisten ländlichen (und selbst auch mein Stadtviertel in Halle) Gegenden in Good Old Germany. Ich merke das sehr direkt, denn mein Eier-Fone zeigt meisten LTE-Empfang in bester Qualität an. Da sollte unsere "Digitalministerin " Frau Dorothee Bär mal eines Ihrer Flugtaxis greifen und hinfliegen. Hoppla - ich komme vom Thema ab! Ich mache einen kleinen Rundgang vorbei an Hütten, die man eigentlich nur noch abreißen kann. Unten im Tal schaut es besser aus - sehr viel grüne Terrassen, auf denen anscheinend etwas angebaut wird.

Kurz nach dieser Rast beginnt auch schon die lange Anfahrt zum Tichka Pass. Der heißt eigentlich Tizi n’Tichka und bildet den höchsten Punkt der Verbindungsstraße N9 zwischen Marrakesch und Ouarzazate. Kurz nach dieser Rast beginnt auch schon die lange Anfahrt zum Tichka Pass. Der heißt eigentlich Tizi n’Tichka und bildet den höchsten Punkt der Verbindungsstraße N9 zwischen Marrakesch und Ouarzazate. Die Straße bildet die kürzeste und meist auch die schnellste Verbindung zwischen der Ebene von Marrakesch bzw. den Küstenstädten des Nordwestens (Casablanca, El Jadida, Safi) und den weiten Gebieten des Saharavorlands (Ouarzazate, Drâa-Tal) und wird deshalb auch von LKWs und Bussen befahren. Außerdem wird hier ständig gebaut. Das merken wir besonders auf ersten Kilometern. Hier ist höllische Vorsicht geboten um nicht in eines der unzähligen Schlaglöcher zu geraten oder auf dem Split und Dreck weg zu rutschen. Die letzten 20 Kilometer bis zur Passhöhe sind sehr kurvenreich und durchaus mit den Auffahrten zu den großen Alpenpässen zu vergleichen. Richtig super sind die letzten 5-6 Kilometer. Hier ist die Straße in einem Top Zustand und teilweise 3-spurig. Da kommt so richtig Fahrspaß auf. Auf der Passhöhe angekommen, werden natürlich als erstes Fotos geschossen. Auf der Passhöhe in 2.260 m Höhe befinden sich mehrere Souvenirgeschäfte und Cafés. Hier werden Bergkristalle, Fossilien, Keramik, Berberschmuck, Teppiche, Decken etc. angeboten. Und das manchmal ganzschön aufdringlich. Ich suche einen "Tichka"-Aufkleber für meine Motorradkoffer. Das bemerkt natürlich ein Händler und zerrt mich und Klappi in seinen Laden. Dort finde ich zwar nicht den gesuchten Aufkleber, aber einen sehr schönen kleinen bunten Tuareg Aufkleber. Für 20,- DH will ich eigentlich 2 Stück. Erst nickt der Typ und gibt mir dann nur einen - ziemlich tricky. Klappi geht es ähnlich. Da Kugelschreiber hier offenbar sehr gefragt sind, möchte der Händler einen gegen einen Bergkristall tauschen. Wenn er noch einen Tuareg Aufkleber dazulegt, möchte Klappi das Geschäft machen. Naja - den Bergkristall bekommt er - den Aufkleber nicht. Klappi ist not amused und flucht noch eine ganze Weile. Auch deshalb, weil der Verkäufer ihm weiterhin alles Mögliche verkaufen möchte. Er kreiselt ständig um Klappi herum. Wir schießen noch etliche Fotos vom Pass-Schild und den vielen Verkaufsständen der Händler.

Den nächsten Halt in Aït-Ben-Haddou erreichen wir gegen 13:00 Uhr. Das ist eine ist eine befestigte Stadt am Fuße des Hohen Atlas im Südosten Marokkos. Der komplette alte Ortskern ist seit dem Jahr 1987 von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt. Ait Benhaddou ist eine der ganz wenigen noch halbwegs gut erhaltenen Lehmbausiedlungen in Südmarokko. Bekanntheit erlangte es vor allem durch die immer wiederkehrenden weltbekannten Filmschaffenden. Aufgrund seiner außergewöhnlichen Architrektur wurden hier u.a. Filmsequenzen für Filme wie Lawrence von Arabien (1962), Jesus von Nazareth (1977), James Bond 007 – Der Hauch des Todes (1987), Die Mumie (1999), Gladiator (2000), Prince of Persia: Der Sand der Zeit (2010) und Game of Thrones (2012) gedreht. Wir steuern ein schönes Restaurant direkt gegenüber dem Bergdorfe an. Von hier aus haben wir einen überwältigenden Blick auf die grandiose Stadt und den darunter (aber aktuell ohne Wasser) liegenden Fluss Asif Mellah. Eine Stunde Pause ist angesagt. Bei fast 30 Grad spendet ein Dach angenehmen Schatten. Einige der Biker lassen es sich nicht nehmen, die Stadt zu erkunden. Der Weg hin und zurück dauert gute 45 Minuten. In der gesamten Stadt leben wohl gerade noch 4 Familien. Klappi und ich genehmigen uns 2 lecker Teller mit Fleischspießen und eine große Cola. Zum Hotel ist es nicht mehr weit. Vorher legen wir noch einen Kurzstopp bei den Atlas Corporation Studios ein. Ach die dienen vielen Filmleuten als Kulisse für Ihre Filme. Die Studios sind eine der größten der Welt. Die Liste der hier gedrehten Filme ist riesig.

Von hier aus sind wir in 20 Minuten im Hotel Karam Palace Quarzazate. Dieses Hotel ist quasi das Ersatzhotel für das Xaluca Dadas in Boumalne und wahrscheinlich das einzige in der Region, was so kurzfristig für 90 Leute von Veranstalter umgebucht werden konnte. Es ist das "Schlechteste" während der Tour. Die Zimmer sehr eng und der Zustand "so lala". Einzig der Pool ist gut. Wir sind früh im Hotel und so setzen wir uns nach dem Duschen zusammen mit den anderen Bikern der roten Gruppe auf die Terrasse und schlabbern einige Casablanca. Vor dem Essen gehe ich noch für ein paar Minuten in den Pool. Das Abendessen wir diesmal in Form eines 3-Gang-Menüs serviert. Das kann mich nicht überzeugen. Die Hauptspeise besteht aus einem großen Tablett Fleischstücke bzw. Knochen. Ich habe mehr Knochen als Fleisch. Naja wir werden trotzdem satt. Nach dem Essen erwartet uns noch der Auftritt einer Tanz- und Trommeltruppe. Sechs Männer sitzen auf einem großen Teppich und trommeln auf allerlei Pauken rum, während acht Frauen dahinterstehen und zum Takt tanzen und singen. Einige der Biker-Frauen werden spontan in den Reigen eingebunden. Das Ganze sehr nett dargeboten - mir gefällt vor allem das zum Teil martialische Trommeln.

19. April Quarzazate - Erfoud - 440 km




Da das Ausweichhotel 90 Kilometer vor dem eigentlich geplanten liegt, müssen wir heute eine größere Tagesetappe bewältigen. Das ist wirklich blöd, denn so bleibt uns bestimmt weniger Zeit für ein paar Fotostopps. Am gestrigen Abend gugele ich nochmal das "eigentliche" Xaluca Dades Hotel in Boumalne und muss betrübt feststellen, dass uns da wohl ein richtiges Highlight der Tour entgangen ist. Nun gut, da kann der Veranstalter sicher nichts dafür - schade ist es aber trotzdem. Nach etwa 100 Kilomtern legt der Guide den ersten Stopp nahe Taferdout Ait Sedrate Sahl Gharbia ein. Hier türmen sich zur rechten auf einem kegelförmigen Berg riesige Gesteinsbrocken auf. Von dieser Erhebung hat man sicher einen wunderbaren Rundblick und daher gehe ich mit Klappi und einigen anderen Bikern dort hoch. Wir werden nicht enttäuscht - der Blick ein alle Himmelsrichtungen ist genial.

Wieder am Parkplatz angekommen ist eine kleine chinesische Reisegruppe in Kleinbussen vorgefahren. Die netten und durchaus hübschen Mädels umkreisen unsere Bikes. Es ist nicht ganz klar ob Sie Sich für uns oder die Maschinen interessieren. Ich denke das zweite ist wohl eher der Fall. Es müssen unbedingt Fotos gemacht werden, was zu einem sehr amüsanten Schauspiel wird. Alle (auch wir) haben einen riesen Spaß. Ich merke leider erst hier, dass ich das Tracken der heutigen Route nicht eingeschaltet habe. Daher fehlen mir die heutigen ersten 100 Kilometer für die GPS-Karten, die ich für jeden Tag nach der Tour erstelle. Na mal schauen - da werde ich mir schon etwas einfallen lassen.

Nach knapp einer weiteren Stunde biegen wir im Ort Boumalne Dades ins gleichnamige Tal ab. Aufgrund des Dades, der durch das Tal fließt, gibt es einige grüne Flecken in der ansonsten eher wüstenhaften Region, die in unmittelbarer Nähe zur Sahara liegt. Die knapp 30 Kilometer bis zum höchsten Aussichtpunkt gehören zu den schönsten während der Tour. Zu Beginn rollen wir noch durch kleine Dörfer und die Straße wird immer kurviger. Ein unvergessliches Erlebnis ist die Einfahrt und die Serpentienenstrecke Dades Schlucht.

Je höher man kommt umso spärlicher wird die Vegetation. Die letzten 3 Kilometer führen über bläulichen Asphalt und sind ein wahres Kurveneldorado. Tief unten im Tal bahnt sich der Dades Fluss seinen Weg. Das Ziel ist das Café Timzzillite und liegt auf über 1800 Metern. Der Blick aufs Tal, die Schluchten, den Fluss, die blauen Kehren und Kurven ist überwältigend. Ringsherum staunende Biker die alle am Fotografieren sind. Eigentlich führt die Schlucht noch weiter nach über 2000 Meter. Aber es soll angeblich sehr viele Baustellen geben, was die Fahrt sehr gefährlich machen soll. Mist - wenn ich hier allein gewesen wäre, dann hätte ich das auf jeden Fall mal getestet. Für den Weg zurück in den Ort Boumalne ist freies Fahren angesagt. So mache ich mich mit Klappi auf den Weg. Wir legen mehrere Fotostopps ein. An Motiven ist hier wirklich kein Mangel. Wieder in Boumalne angekommen warten wir auf den Rest der Gruppe, ehe wir die Fahrt zum nächsten Highlight, der Todra Schlucht, fortsetzen.

Keine fünfzig Kilometer weiter biegen wir im Ort Tinghir in Richtung Todra Schlucht ein. Die knapp 15 Kilometer bis zur Endstelle sind über ein kleines Oasen-Tal zu erreichen. Die Straße ist sehr gut asphaltiert und das führt zu reichlichem Verkehr. Kurz vor dem Einstieg in die engen Schluchten finden wir Platz in einem gemütlichen Restaurant. Larry und seine Gruppe sitzen auch schon dort. Shjidu hat hier alles fest im Griff. Ohne Ihn würde die ganze Bestellerei und Bezahlung sich wahrscheinlich endlos in die Länge ziehen. Eine Stunde Pause ist angesagt. Ich bestelle wieder eine leckere Tajine. Wieder auf dem Bike fahren wir noch einige Kilometer in das Tal hinein. Die rötlichen Felswände links und rechts flößen schon gewaltigen Respekt ein. Aber das Ganze ist bei weitem nicht so spektakulär wie die Dades Schlucht. Auch hier erschließt sich mir nicht, warum wir wieder umdrehen. Es geht hier noch etliche Kilometer in das Tal bergauf, wie ein abendliches Gugeln zeigt. Ich vermute, dass wohl die lange Tagesetappe mit knapp 450 Kilometern nicht mehr zulässt. In der ursprünglichen Reiseplanung hätten wir sicherlich mehr Zeit für einen Abstecher in dieses Tal gehabt.

Wieder in Tanghir angekommen liegen gerade mal 270 Kilometer hinter uns. Die Route verläuft in südlicher Richtung über die N10 bis Alnif, wo wir auf die N12 in östlicher Richtung abbiegen. Die gesamte Strecke von Querzazate bis Tinghir ist Teil der "Straße der 1000 Kasbahs". Die Kasbahs waren früher Speicherburgen der Berber, die sie auf Ihren Karawanenreisen als Raststätten benutzten. Die eindrucksvollen Lehmburgen dienten als Wohnhäuser, Wehr- und Speicherburgen für Familien und ganze Sippen. Kurz vor dem Tagesziel, dem Hotel Kasbah Xaluca Erfoud, machen wir mitten im Nichts an einem kleinen Imbiss halt. Bis auf den Tötero, dem die Pausen viel zu lang und oft sind, sitzen alle unter einem mit Blumen beranktem Dach und genießen Tee, Kaffee und Cola. Danach sind es nur noch wenige Kilometer zum Hotel.

Je näher wir dem Hotel kommen, desto mehr ändert sich auch die Gegend. Überall am Straßenrand wachsen Palmen. Und auch die Bereiche mit viel Steinwüste und Sand häufen sich. Man merkt deutlich, dass wir uns am Rande der Sahara befinden. Und da wollen wir ja auch noch hin an den nächsten Tagen! Schon die Einfahrt in das Hotel lässt erahnen, dass der Veranstalter einen Haupttreffer gelandet hat. Das im maurischen Stil gebaute Hotel begeistert mich. Die Zimmer im Xaluca sind in warmen Farbtönen gestaltet und bieten einen kostenlosen WLAN-Zugang. Zu allen Unterkünften gehört ein aus Fossilien gefertigtes Bad. Ein sehr schöner Pool rundet das ganze ab. Alles sehr großzügig und mit viel Liebe zum Detail eingerichtet. Überall wimmelt es bei der Ankunft von Personal, die in großen Wagen das Gepäck der Gäste in die Zimmer der weitläufig, verzweigten Anlage bringen. Unser Zimmer ist das beste (außer Tanger-Hilton), was wir bisher hatten. Wir checken ein, und schon kurze Zeit sind wir im Pool. Dann noch an der Bar ein-zwei Casablanca - das Leben kann doch so schön sein.

Auch das abendliche Buffet lässt keine Wünsche offen. Es gehört zu den besten der Tour. Wir sitzen jetzt öfters mit Moni und ihren "3 Begleitern" aus der Gruppe zusammen beim Essen. Da der morgige Tag zur freien Verfügung ist, planen wir einen Ausflug an den Wüstenrand zum Fotoshooting in kleiner Gruppe. Das wird bestimmt eine super Sache. Der Abend klingt gemütlich an der Poolbar aus. Dort spielt eine "Band" orientalische Musik. Ein Musiker an der marokkanischen Mandoline, zwei an den Congas und zwei Damen, die zur Musik tanzen und singen. Ich finde das sehr angenehm, dieser für uns so fremden Musik zu lauschen. Einige "Spezialisten" aus den südlichen Bundesländern sind allerdings ganz anderer Meinung und schwätzen laut "die solle mit denn Geduddele aufhöre". Hey Jungs - dann dürft Ihr nicht Marokko fahren. Nehmt doch lieber Eure Mopeds - fahrt nach Bayern und hört Euch die Wildecker Herzbuben an.



20. April - Freier Tag in Erfoud


Die heutige individuelle Tour führt uns zu den Dünen nach Merzouga. Das sind quasi die ersten Ausläufer der Sahara. Die Anreise bis dorthin dauert fast eine Stunde. Die letzten 20 Kilometer der Straße dorthin verlaufen fast schnurgerade. Links und rechts und weit in der Ferne tauchen gigantischen Dünen auf. Unser Guide Andreas aus Monis Gruppe macht seinen Job sehr gut. Wir finden ohne Probleme das Ziel. Leicht ansteigend hört die Straße dann irgendwann mal auf und wir fahren auf Geröll bzw. Sand - und Platsch - da liegt Andreas mit seiner Adventure auch schon im Sand. Seine topmoderne Airback-Weste löst prompt aus und als er aufsteht schaut er aus wie der Michelin-Mann. Aber es ist nur Sand und weder Ihm noch der Maschine ist etwas passiert. Außer uns hatten wohl noch andere Biker die Idee mit der Wüste. Wir sind nicht die ersten, die die begehrten Plätze am Wüstenrand für ein Foto-Shooting beanspruchen. Aber no Problem - alles kommen zu Ihrem Recht. Zwischenzeitlich treffen immer mehr Biker ein und am Ende sind bestimmt 60% aller Teilnehmer hier vor Ort. Wir wollen gerade wieder zurückfahren, als "Der Apoldaer" mir einigen seiner Leute im Schleptau in Richtung Sanddünen brettert. Brettern ist genau der richtige Ausdruck, den für die Verhältnisse ist er viel zu schnell. Er meint wohl, dass seiner neuen Honda African Twin die Wüste im Blut liegen müsse. Weit gefehlt, denn die Maschine gräbt sich ein den Sand und der "Apoldaer" macht ein Highsider hinterher. Einige Beulen am Koffer sind das Ergebnis. Er ist noch einige Tage nach dem Abflug schwer am Humpeln und das sonst so überaus laute und kaum zu überhörende Mundwerk einige Dezibel leiser.

Auf dem Rückweg halten an einem Kaffee und gönnen uns ein paar Kaltgetränke. Als ich erwähne, noch mal an eine Tanke ranzufahren um das Vorderrad aufzupumpen, holt Andreas sofort einen kleinen Minikompressor aus seinem Topcase. Ein echter Service. Er halt ein ganzes Arsenal an Werkzeuge und Spezialequipment dabei. Das reicht bis zum gasbetriebenen Mini-Lötkolben. Er ist wirklich auf alle Eventualitäten vorbereitet. Wieder im Hotel verbringen wir die Zeit bis zur geplanten Jeep-Safari um 17:00 Uhr im Poolbereich des Hotels. An der Safari nehmen fasst alle teil. In etlichen SUV's rollen wir in Richtung Wüste. Zunächst noch auf Straßen, die wir aber schon bald verlassen. Dann rasen wir weiter auf einer endlosen Geröllpiste. Jeder der einheimischen Fahrer sucht offenbar die beste Piste. Es macht riesigen Spaß. Nach einer Stunde kommen wir am Rande der Wüste an. Wer möchte, kann ein Dromedar besteigen und einen geführten Ritt auf die Dünen machen. Da ich schon bei Pferden so meine Probleme habe, steige ich nicht auf die wesentlich höheren Tiere. Stattdessen mache ich gemeinsam mit Klappi und vielen anderen eine wirklich schöne Wanderung auf den rötlich-gelben Sanddünen. Je höher wir wandern, desto mehr bläst der Wind. Eine beeindruckende Landschaft - ich bin zum ersten Mal in meinem Leben am Wüstenrand. Leider fällt das erwartete nächste Highlight "Sonnenuntergang in der Wüste" aufgrund zunehmender Bewölkung aus. Und so fahren wir eher als vorgesehen zurück ins Hotel. Trotzdem eine sehr gelungene Veranstaltung. Der Abend im Hotel wird wieder umrahmt von orientalischen Klängen und Casablancas ...



21. April - Von Erfoud - Fes - 410 km


Leider müssen wir heute das schöne Hotel in Erfoud verlassen. Auf der N13 führt der Weg direkt nach Norden. Dabei streifen wir noch einmal die Ausläufer des Atlas Gebirges. Ein erster kurzer Halt oberhalb eines Tals offenbart wieder eine wunderbare Aussicht. Die heutige Etappe ist landschaftlich sehr abwechslungsreich. Zunächst sehen wir zur Linken tief unten im Tal den See Barrage Al-Hassan Addakhil. Zur rechten gewaltige Bergmassive. Die Straßen sind von exzellenter Qualität, sodass wir es in den weit geschwungenen Kurven schön rollen lassen. Weiter führt der Weg über Hochplateaus und länge tiefe Täler mit gewaltigen Bergen. Alles in tiefen okerbraunen Farben. Hier kommt Grand Canyon Feeling auf. Plötzlich wieder eine völlig veränderte Umgebung - es wird grün. Tannenwälder und Berge wie im Schwarzwald - unglaublich. Ein Halt in diesem Wald offenbart eine weitere Attraktion. Unmittelbar neben dem Parkplatz laufen Affen völlig frei herum und machen allerhand dubiose Kunststücke um an etwas Essbares zu kommen. Keine 20 Kilometer weiter rollen wir in die Stadt Ifrane ein. Welch ein Gegensatz zu den Städten, die wir bisher gesehen haben. Überall wunderschöne 2 geschossige, mit Ziegeln gedeckte Häuser. Alles top modern. Man hat den Eindruck in einer mitteleuropäischen Kleinstadt zu sein. Bei herrlichstem Sonnenschein suchen wir uns ein schönes Kaffee für eine Pause. Der Guide Thomas erklärt, dass es sich hier um echtes Touristenzentrum für den Wintersport handelt. Die Berge ringsherum bieten anscheinend beste Möglichkeiten dafür. Wieder am Motorrad angekommen, sind schon wieder etliche Chinesen dabei das Teil zu inspizieren. Was jetzt kommt ist klar - Fotos mit netten Mädels.

Als wir Tour fortsetzen, ändert sich plötzlich das Wetter auf einen Schlag. Während wir in Ifrane noch bei bestem Sonnenschein und Temperaturen um 25 Grad geschwitzt haben, wird es jetzt ungemütlich. Innerhalb einer halben Stunde sinken die Temperaturen auf unter 10 Grad. Es geht ständig bergab. Im Tal sieht man bereits von oben schwere dunkle Wolken hängen. Es kommt noch Nebel und leichter Nieselregen dazu. Erst als wir uns Fes nähern wird es besser. Wir sind wieder bei 20 Grad angekommen. Der Verkehr in Fes ist ähnlich dem in Marrakech. Es ist allerhöchste Aufmerksamkeit geboten. Der Tötero verursacht beinahe einen Unfall im Kreisverkehr. Er war wohl der Ansicht, dass seine extra laute Hupe ihm hier immer freie Fahrt gewährt. Er hatte offenbar nicht verstanden, dass die Hupe hier nicht als Signal zum Platzmachen benutzt wird, sondern den anderen Verkehrsteilnehmern signalisieren soll, dass man auch noch da ist.

Das Hotel Royal Mirage Fes liegt sehr zentral. Im Innenhof ist wieder ein schöner Pool, der heute aufgrund des Wetters nicht zum Relaxen einlädt. Daher trifft sich die ganze rote Gruppe sofort nachdem das Gepäck auf das Zimmer gebracht wurde an den Bartischen des Pools. Hier gibt es zu aller Überraschung 0,4 Liter Gläser frischgezapftes Casablanca vom Fass. Und das zum Preis von 6,- Euronen - fasst schon ein Schnäppchen.

Das Abendessen ist nicht so nach meinem Geschmack. Wieder die üblichen Fleischtöpfe, wo man nicht weiß was eigentlich drin ist. Klar steht es auf kleinen Schildern geschrieben, aber beim Rausangeln weiß man nie was man erwischt. Auch vermittelt der ganze Speiseraum ein wenig Mitropa-Bahnhofsatmosphäre. Außer uns sind noch mehrere andere Reisegruppen im Raum. Es ist höllisch laut. Ich komme mir wie in einer Touri-Mastanlage vor. Wir sind daher auch schnell mit dem Essen fertig. Anschließend setze ich mich mit Klappi noch ins Foyer des Hotels um unserer Informationspflicht gegenüber der Heimat nachzukommen - meist über diverse Fotos im Whatsapp-Status. Klappis Handy muss geladen werden. Er bringt es kurz hoch ins Zimmer. Als er wiederkommt geht er mit Larry und einem anderen Biker in einen kaum 100 Meter entfernten kleinen Laden um unsere Wasservorräte aufzufrischen. Kurz darauf ist er wieder da und bemerkt, dass seine Geldbörse verschwunden ist. Alles Suchen und Fragen hilft nichts. Das Teil bleibt verschwunden. Nach gründlicher Überlegung kommt nur eine Variante in Frage. Die Geldbörse wurde ihm in dem Laden geklaut. Die kurz vorher am Automaten gezogenen 1000,-DH (100,-€) und die Kreditkarte waren in der Geldbörde. Wir gehen auf unser Zimmer und Klappi sperrt die Karte per Telefonanruf in Deutschland. Dabei hängt er ewig in der Warteschleife und selbst als er am anderen Ende endlich Gehör findet, dauert das Ganze eine halbe Stunde. Wir sind auf die Telefonrechnung gespannt. Bei Preisen zwischen drei und fünf Euro pro Minute kann das sehr teuer werden.



22. April - Freier Tag in Fes


Nach Marrakech ist Fes nun die zweite Königsstadt, die wir heute besichtigen werden. Nach dem Frühstück warten 2 Busse auf uns. In unserem Bus ist Shjidu wieder mit von der Partie, sodass es mit Sicherheit nicht langweilig wird. Der erste Halt ist auf einem Hügel oberhalb der Stadt. Von hier aus kann man ganz Fes überblicken. Zur rechten Seite sehe ich Unmengen weißer Grabsteine in unterschiedlichsten Größen. Es handelt sich um einen gigantischen Friedhof. Die weißen Steine verteilen sich über mehrere Kilometer an den schrägen Hängen. Die Fahrt zum Königspallast Fes geht über viele kleine Straßen und Gassen. Ich staune, wie der Busfahrer dort überhaupt durchkommt. Am Königspallast sind wir natürlich nicht die einzigen Gäste. So müssen wir eine ganze Weile warten, ehe auch wir zu den begehrten Fotos vor den vergoldeten Türen des Palasts kommen. Jeder möchte für das Foto möglichst solo davorstehen.

Wieder im Bus fahren wir zum Bab Boujloud , dem blauen Tor von Fes! Das alte Stadttor Bab Boujloud mit seinen in der Mittagssonne glänzenden Kacheln ist der Eingang zur Medina mit seinen Souks in Fès. Von der Medina aus sieht man durch das Tor die alte Moschee Kairaouine zu der alle Wege der Medina hinführen. Wir schießen hier wieder die üblichen Fotos, ehe wir mit dem geführten Rundgang durch die Souks beginnen. Für mein Gefühl ist das Treiben hier noch spannander als in Marrakech. Ich bin fasziniert von dem einzigartigen bunten Treiben, den Gerüchen und dem Stimmengewirr in den engen, verwinkelten Gassen. Rhythmisches Hämmern erklingt von den Kupferschmieden, dazwischen ertönt der Ruf des Muezzins oder der lautstarke Ausruf der Mulitreiber, die sich mit ihren voll beladenen Packtieren den Weg durch die engen Gassen bahnen. Selbst Mopedfahrer suchen hier ihren Weg hindurch. Die Gruppe soll möglichst zusammenbleiben, da man in diesem Gewimmel schnell den Kontakt verlieren kann. Das bedeutet aber auch, dass während des Rundgangs nicht viel Zeit ist, um Andenken oder sonstiges Sachen zu kaufen. Um hier nur mal kurz anzudeuten, wovon ich spreche. Die Medina von Fès gilt als die grösste Nordafrikas. Ihre Gesamtfläche umfasst rund 2,8 Quadratkilometer (280 Hektar), was in etwa der Fläche von 400 Fußballfeldern entspricht. Seit 20 Jahren steht die Medina als Weltkulturerbe unter dem Schutz der Unesco. Wenn man nicht ständig viele mit dem Handy telefonierende Marokkaner und Mopedfahrer sehen würde, könnte man sich ein Jahrtausend zurückversetzt fühlen.

Ich gönne mir erst mal einen Becher frisch gepressten Orangensaft ehe ich mich der Gruppe anschließe. Die Souks sind in verschiedene Viertel aufgeteilt. Es gibt das Keramikviertel, das Weberviertel, das Gerberviertel, das Schmiedeviertel, das Tischlerviertel ... Und dazwischen immer wieder unzählige Stände mit Gemüse, Gewürzen, Fleisch, Getränken und Verkaufsläden aller Art.

Ich suche noch ein Geschenk für Heike. Es soll eine Lederhandtasche werden. Und die gibt es hier zu Tausenden. An einem Laden entdecke ich ein Teil, welches mein Interesse weckt. Damit ist das Feilschen auch schon eröffnet. Der Händler preist sofort die außergewöhnliche Qualität der Tasche aus Kamelleder und ruft 500,-DH auf. Hoppla das ist dann doch ein stolzer Preis. Ich biete cool 200,-DH, worauf der Händler die Arme über den Kopf zusammenschlägt. Er ruft 350,-DH - Ich bleibe bei 200,-DH. Dabei gehe ich immer weiter, um den Anschluss an die Gruppe nicht zu verlieren. Der Händler ruft 250,-DH - Ich bleibe weiter bei 200,-DH. - Der Händler ruft - "Komm gib 200,-DH" - Das Geschäft ist gemacht - ich zahle und bin im Besitz eine schöne Tasche - Heikes Geburtstagsgeschenk.

Shjidu führt uns weiter durch die größte und älteste Medina der Welt. Es geht durch schmale Gassen, wo nur eine Person durchpasst. Es ist z.T. sehr dunkel - 20 Meter über uns sieht man schmale Lichtstreifen. Der Vorteil ist klar - egal wie war es "draußen" ist - hier ist es angenehm kühl. Wir besichtigen eine kleine Koranschule, dann ein Besuch in einem Schmuck - und Lampenladen, wo ein gut Deutsch sprechender Händler die Qualitäten seiner Produkte preist. Im Weberviertel besuchen wir eine tolle Weberei, in der auf Webstühlen gearbeitet wird, die bestimmt schon mehrere Generationen überlebt haben. Das tut aber der Qualität keinen Abbruch. Vieles wird aus marokkanischer Seide hergestellt. Die Seide wird aus den Fasern von Agaven gewonnen und in verschiedenen Zusammensetzten mit Baumwollen zu Tüchern, Schals und Decken verarbeitet. Hier kaufe ich noch einen Schal für Heike.

Als nächstes steht der Besuch einer der vielen Gerbereien an. Bevor man die 3 Etagen des Gebäudes betritt, bekommt jeder Besucher einen frischen und nassen Pfefferminzzweig in die Hand gedrückt. Der Sinn erschließt sich spätestens, wenn man von der Terrasse aus einen Blick auf die Gerberei wirft. Eine penetrant stinkende Brühe ist das Zeugs, in dem die Männer stehen. Sie befinden sich in dutzenden rund gemauerten Löchern, teils gekachelt, in unterschiedlichen Größen, Höhen und Weiten. Barfuß trampeln sie auf dem darin befindlichen Leder herum, erst wird es gegerbt, dann getrocknet und schließlich gefärbt. Die Gerbstoffe sollen aus Baumrinden stammen, die Farbe aus Pflanzen und Mineralien, ein Kalkbad gibt es auch noch vorneweg. Und leicht ätzender Taubenkot soll die Häute zusätzlich weich werden lassen, die Haarreste können besser entfernt werden. Stundenlang werden die Häute gestampft, geknetet, ein Knochenjob. Der Minzestängel hilft nur bedingt, den Gestank zu überdecken. Es geht wieder abwärts in die verschiedenen Verkaufsbereiche der Gerberei. Hier ist man eher vornehm und nicht so aufdringlich wie die Händler in den Gassen. In der Jackenabteilung hängen wirklich schöne Sachen. Verschiedenste Farben in unterschiedlichsten Schnitten. Ich probiere ein an - passt nicht so richtig. Der Verkäufer erklärt, das wäre kein Problem. Man würde Maße nehmen und heute Abend 19:00 Uhr bekomme ich die maßgeschneiderte Jacke ins Hotel geliefert. Wenn Sie passt, kann ich sie kaufen - wenn nicht nimmt der Händler sie wieder mit. Der um 10% rabattierte Preis von 300,- Euronen ist mir dann aber doch zu hoch und verlasse die Jackenabteilung. Über die Taschenabteilung, die Schuhabteilung und die Gürtel bzw. Geldbörsenabteilung gelange ich wieder ins Freie. Ich wollte mir eigentlich noch einen Gürtel kaufen. Aber die Teile der Gerberei gefallen mir nicht wirklich und sind mit 10-15 Euro nicht ganz billig. Einige Meter neben der Gerberei ist jedoch ein anderer kleiner Lederladen, in dem ich fündig werde. Ich einige mich mit dem Verkäufer auf 8,-€ und das Geschäft ist besiegelt.

So langsam nähert sich auch der Rundgang durch die Souks dem Ende. Als wir wieder das "Licht der Welt" erblicken ist es 14:30 Uhr. Wir können mit dem Bus zurück ins Hotel fahren, oder individuell die Stadt weiter erkunden. Klappi und ich, sowie der überwiegende Teil unserer "Reisegruppe" entscheiden sich für den Bus. Dort angekommen, gehen wir nur kurz auf unser Zimmer. Eine Viertelstunde später treffen wir uns mit Moni zu einem kleinen Rundgang durch die angrenzenden Straßen des Hotels. Wir haben Hunger und es ist kein Problem eine passende Lokalität zu finden. Wenig später gesellen sich noch andere Biker hinzu, die offenbar die gleiche Idee hatten. Ich nehme wieder die übliche Tajine, die diesmal jedoch nicht so meinen Geschmack trifft. Alles ziemlich fettiges Fleisch und kaum Gemüse. Auf dem Rückweg ins Hotel gibt‘s in einem schicken Kaffee noch einen Cappuccino. Nach dem Abendeessen hat der Veranstalter alle in einen kleinen Raum eingeladen. Dort wird gescheckt, ob auch noch alle Teilnehmer im Besitz der ominösen Ausreisepapiere sind und es werden an alle die für die Ausreise notwendigen Zollpapiere ausgegeben. Morgen ist ja schon der letzte Tag in Marokko. Am späten Abend müssen wir wieder am Fährhafen Tanger Med sein. Die Tour neigt sich so langsam dem Ende zu.



23. April - Fes - Tanger - 345 km


Der letzte Tag auf marokkanischem Boden. Als ich am Morgen das Bike packe, denke ich an die schönen vergangenen Tage. Aber irgendwann ist auch mal die schönste Tour zu Ende. Wir entrinnen dem Verkehrschaos in Fes. An einer Ampel, die uns zum Anhalten zwingt sehe ich auf gegenüberliegende Seite der vierspurigen Kreuzung auf der doppelt durchgezogenen Mitteltrennlinie einen Rollstuhlfahrer hin und her fahren um bei den Autofahrern nach Almosen zu betteln. Ja auch das ist Marokko. Es hat viele schöne Seiten, aber bei näherem Hinschauen wird Eines sehr schnell klar. Die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung lebt in bitterer Armut. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist hier noch viel, viel mehr ausgeprägt als in den westeuropäischen Industriestaaten. Und da Marokko noch eines der "reicheren" Länder Afrikas ist, wird mir am Ende der zehn Tage in Marokko eins klar. Wenn die reichen Staaten der Welt nicht bald vernünftige Lösungen für den afrikanischen Kontinent entwickeln, dann war die Flüchtlingswelle nach Europa 2015 und 2016 nur ein kleines Frühlingslüftchen gegenüber den dann zu erwartenden Stürmen. Da können wir noch so hohe Zäune bauen, und die Grenzen militärisch verteidigen - das wird alles nix helfen.

Die erste Rast legen wir oberhalb eines schönen Sees ein. Dort haben einige Händler ein paar Stände aufgebaut. Ein etwa 14 Jahre alter Junge auf einem Esel erweckt meine Aufmerksamkeit. Ich schieße einige Fotos von Ihm und bedanke mich für das nette Lächeln mit einem 10,-DH Stück - er ist sichtlich gerührt und hebt bei der Abfahrt den Daumen. Für die Mittagszeit hat der Veranstalter Rast in Chefchauen, der blauen Stadt, geplant. Was ihn dazu bewogen hat, wird wohl ein ewiges Geheimnis bleiben. Allein das Parken der vielen Motorräder auf einem viel zu engen Platz kostet Nerven ohne Ende. Außerdem herrscht in den engen Gassen und Straßen totales Verkehrschaos. Ein gruppenweiser Halt in einer der vielen kleinen Orte währe tausendmal besser und entspannter gewesen. Eine zentrale große Gaststätte ist ohnehin nicht vorhanden und so verpieseln sich alle in die umliegenden kleinen Restaurants oder Märkte um sich etwas zum Essen zu suchen. Ich finde mit unserem Guide Thomas und zwei weiteren Bikern Platz in einem kleinen Restaurant hoch über dem Markt. Ich bestelle Käse-Omelett und Spaghetti mit Pesto. Das Omelett ist ganz in Ordnung. Die Spaghetti triefen vor Öl. Na ob das gut geht?

Wir setzten die Reise fort. Wir tangieren dabei das berüchtigte Rif-Gebirge. Das Rifgebirge grenzt im Norden unmittelbar ans Mittelmeer; es bildet den afrikanischen Vorsprung zur Straße von Gibraltar gegenüber dem Vorsprung des Felsens von Gibraltar auf der Iberischen Halbinsel. Marokko ist der weltgrößte Exporteur von Haschisch. D ie Hanfpflanzen werden überwiegend im Rifgebirge östlich von Chefchaouen angebaut. Daher hat der Veranstalter ausdrücklich gewarnt hier irgendwo anzuhalten. Ohne dass man es bemerkt, kann irgendwo versteckt am Bike ein kleines Päckchen mit Drogen hängen. Man wird unfreiwillig zum Drogentransporteur. Und wenn man damit erwischt wird, dann wird es richtig ungemütlich.

Wir halten natürlich nicht an. Die letzten 50 Kilometer Richtung Tanger Med sind dann wieder mit allerfeinsten Kurven gespickt. Als wolle man uns den Abschied etwas versüßen. Gegen 17:30 Uhr sind wir im Hafen. Hier geht wie immer alles sehr, sehr langsam. Und das ist noch untertrieben. Polizei und Zoll müssen passiert werden. Am Zoll finden Larry und Shjidu eine geniale Lösung um das ganze Procedere etwas zu verkürzen. Der R&E Transport fährt bis kurz vor die Schranke, sodass rechts daneben gerade noch ein Motorrad durchpasst. Das führt natürlich zu reichlich Hupkonzerten der anderen "Ausreisewilligen". Aber wir sind endlich durch. Es wird schon dunkel, als wir einfahrbereit 100 Meter vor der Fähre stehen. Aber hier müssen wir noch ewig warten. Zum Glück ist wenige Meter entfern ein Duty Free Shop, den ich zusammen mit Moni ansteuere. Wird holen zwei Sixpacks Casablanca, die auf der Fähre unverschämt teuer sind. Wieder bei den Bikes angekommen, werden gleich mal einige Büchsen vertilgt. Erst gegen 23:00 Uhr können wir auf die Fähre, deren Abfahrt eigentlich für 21:00 Uhr geplant war. Klappi und ich beziehen wieder unsere Kabine um dann im Restaurant den von Nadja ausgegeben Essen-Voucher einzulösen. Das wird auch Zeit - mein Magen hängt in den Kniekehlen. Um 0:30 Uhr sind wir im Bett.



24. April - Ein geschenkter Tag auf dem Mittelmeer


Als ich früh aufwache ist mir übel und ich habe leichte Magenschmerzen. Beim Frühstück geht so gut wie nichts. Im Laufe des Tages wird es immer schlimmer und ich verbringe fast den gesamten Tag in der Kabine. Das Mittagessen lasse ich ausfallen und am Abend geht nicht viel. Hoffentlich ist der Spaß morgen früh zu Ende. Sonst weiß ich nicht wie die 650 Kilometer bis Lyon zu überstehen sind. Aber es wird noch schlimmer. Ab 1:00 Uhr ist die kleine Toilette in der Kabine mein bevorzugter Aufenthaltsort. So greife ich dann doch sofort zu den vom Apotheker empfohlenen "Hammer-Tabletten", die den Darm für 12 Stunden lahmlegen sollen. Hoffentlich wirken die Dinger auch. Bilder für diesen Tag sind aus verständlichen Gründen nicht vorhanden.

25. April - Barcelona - Lyon - 627 km


Ab 7:00 Uhr wird es wirklich sichtbar besser mit der Übelkeit und den Magenschmerzen. Auch der Magen und der Darm haben sich beruhigt. So kann ich etwas beruhigter die lange Etappe nach Lyon angehen. Ein trockenes Brötchen und Wasser - mehr will ich dem Magen zum Frühstück lieber nicht zumuten. Kein Risiko eingehen heißt die Devise. Aber bevor wir weiterfahren können, müssen wir erstmal vom Kahn runter. Wir haben schon mit 2 Stunden Verspätung angelegt und jetzt schon wieder endlose Verzögerungen. Es dauert mehr als eine Stunde, ehe ich blauen Himmel sehe. Die Ursache des Gewürges wird schnell klar. Jedes Fahrzeug wird erst durch die Polizei, dann durch den Zoll kontrolliert. Inklusive Drogenspürhunden, die um jedes Fahrzeug ihre Runden drehen. Das kann dauern ... Endlich, als wir alles "Hindernisse" passiert haben freie Fahrt bis zum Parkplatz. Denkste! Als ich (wir etliche andere auch) dann auch noch ohne Helm (hängt über dem Lenker) bis zur nächsten Kontrolle fahre, rastet ein Polizist völlig aus. Bis an die Zähne bewaffnet brüllt er mich in gebrochenem aber unmissverständlichem Englisch an:

Er sammelt alle Pässe ein - schmeißt sie ins Auto und lässt uns mal 15 Minuten bei fluffigen 28 Grad in der Sonne warten. Dann bekommen wir die Pässe wieder und dürfen weiter. Ja wer die Waffen hat, der hat die Macht! Wir wollen auf dem schnellsten Weg zur Autobahn. Das gestaltet sich jedoch etwas schwierig. Guide Thomas mal wieder Probleme mit dem Navi und so machen wir eine ungewollte Stadtrundfahrt in Barcelona - auch nicht so der Knaller bei den Temperaturen und Verkehr. Endlich auf der Autobahn geht es mit strammen 140 km/h nach Lyon ... nur unterbrochen von Tankstopps und den nervigen Mautstellen. Als wir am Abend Lyon erreichen, bin ich wirklich froh. Zum Abendessen bekomme ich auch schon wieder was in den leeren Magen und auch ein Bier geht. Die rote Gruppe (außer natürlich Tötero) sitzt gemeinsam an einem großen runden Tisch. Unser letzter Mann Markus bekommt für seinen guten Job von uns eine gelbe Warnweste mit den Unterschriften aller aus der Gruppe .. mit Ausnahme ... na Ihr werdet es bestimmt erraten! Nadja hält noch eine schöne Abschlussrede ehe sich die ganze Runde so langsam auflöst. Morgen geht es individuell nach Hause. Auch von diesem Tag gibt es keine Bilder. Nur Autobahn - was gibt es da zu fotografieren?

26. April - Lyon - Gex - 290 km


Nach dem Frühstück verabschieden wir uns von vielen der Biker. Klappi und ich wollen gemeinsam mit Annette und Rainer, Susi und Gerd über die Schweiz in Richtung Deutschland fahren. Rainer macht den Guide für die zwei kommenden Tage. Das erste Ziel welches er ansteuert heißt Aix-les-Bains am Lac du Bourget. Kurz bevor wir den See erreichen ist ein Gebirgskamm zu überqueren. Auf herrlichen kleinen Straßen beginnt ein echtes Kurvenparadies. Rainer war er schon einmal in dieser Gegend mit dem Motorrad und so staunen wir nicht schlecht über welche kleinen und wunderbaren Passstraßen er uns führt. Da das Wetter auch voll mitspielt, wird die Tour zum Genuß. In Aix-les-Bains steuert Rainer zielsicher ein schickes Restaurant, direkt am See an, wo wir wunderbar zu Mittag speisen. Aber es warten noch weitere Schmankerl auf uns. Wir fahren die Uferstraße des Sees für knappe 15 Kilometer weiter in nördlicher Richtung. Danach wird es wieder steiler und wir erhöhen die Schräglage in den Kurven. Rainer findet wieder zielsicher einen Abzweig zum Col du Grand Colombiere. Dort auf 1480 Metern Höhe liegt noch Schnee. Genial - vor 3 Tagen noch in der Wüste und jetzt auf einem noch schneebedeckten Alpenpass. Von der Passhöhe eröffnet sich ein gewaltiger Rundblick. Zur rechten sehen wir die letzten Ausläufer des Lac du Bourget und weiter links meint Rainer den Mont Blanc zu erkennen. Von der Höhe und den schneebedeckten Bergen ist das allemal möglich. Außerdem ist die Weitsicht heute sehr gut. Die abendliche Recherche im Netz bestätigt das - es war der Mont Blanc.

Die Richtung zum Genfer See wird als nächstes eingeschlagen. Etwa bei Bellegarde-sur-Valserine sind wir im französischen Jura. Und das kennen Klappi und ich ja durch unsere letztjährige Grandes Alpes Tour. Eine wirklich wunderbare Region zum Motorradfahren. Schließlich finden wir in den kleinen Ort Gex nach einigem Suchen ein schickes Hotel, welches offenbar erst vor kurzem eröffnet wurde. Für 70,- Euro das Zimmer inkl. Tiefgarage ein fairer Preis. Wir checken ein und machen, bei immer noch sommerlichen Temperaturen einen kleinen Stadtrundgang. Als erstes finden wir eine richtige Bierkneipe mit über 120 Sorten Bier im Angebot. Ich nehme natürlich ein Pale Ale vom Fass, während die anderen ein Dunkles vom Fass bevorzugen. Da wir im Ort nichts Rechtes zum Essen finden, gehen wir zurück ins Hotel, wo im Erdgeschoß eine recht einladende Pizzeria auf uns wartet. Die angebotenen Speisen sind sehr gut. Wir sind froh, dass wir uns für den Italiener entschieden haben. Als Absacker gibt es dann noch leckeren Grappa.



27. - Gex - Gurtweil - 284 km


Leider erwischt es in der Nacht auch Klappi mit den gleichen Symptomen, wie mich vor 2 Tagen auf der Fähre. Ihm geht es früh ziemlich schlecht. Wir planen daher die Route etwas um und werden nicht mehr so viele Pässe und Kurven fahren, wie eigentlich gewollt. Ziel ist Waldshut in Deutschland. Werden alles aber von Klappis Zustand abhängig machen. Wenn gar nichts mehr geht, dann legen wir halt noch einen Tag mehr Rast ein. Zunächst ist Lausanne das nächste Ziel. Dabei sehen wir oft den Genfer See rechten Seite. Wir halten öfters an und machen kleinere Pausen. Gegen Mittag gebe ich Klappi die Reste der "Hammertabletten" mit der Hoffnung, dass die Dinger auch bei Ihm gut und schnell anschlagen. Außerdem rufe ich meine Tochter in Gurtweil (Vorort von Waldshut-Tiengen) mit der Bitte ins bei Ihr in einer kleinen Pension zwei Zimmer zu bestellen. Das klappt auch ganz prima, denn kurze Zeit später kommt die Bestätigung der Buchung per Whatsapp von meiner Tochter. So haben wir ein konkretes Ziel für den heutigen Tag.

Von Lausanne aus geht es in nordöstlicher Richtung schnurgerade in Richtung Waldshut. Rainers Navi will dabei offenbar eigene Wege fahren, denn es führt uns bis Bad Säckingen, wo wir über die Grenze nach Deutschland fahren. Kurz hinter der Grenze verabschieden wir uns von unseren vier Begleitern. Wir fahren wieder auf die Schweizer Seite, wo wir in Laufenburg wieder die Grenze nach Deutschland passieren. Gegen 17:30 Uhr stehen wir vor dem Hotel. Zum Glück geht es Klappi etwas besser. Die Pillen scheinen auch bei ihm gut zu wirken. Ein Codeschloss öffnet uns den Weg ins Hotel. Nach dem Duschen finden wir einige Meter weiter im Ort eine schöne Gaststätte. Es gibt Schnitzel mit Brot und einen halben Liter Bier, zu Preisen, die wir in den letzten drei Wochen gerne gehabt hätten. Klappi geht anschließend zurück ins Hotel und ich verbringe die nächsten 2 Stunden bei meiner Tochter Stephanie. Wollen wir hoffen, dass es Klappi morgen so gut geht, dass wir die Fahrt nach Hause antreten können.

28. April - Gurtweil - Halle - 640 km


 
Heute Morgen sieht Klappi wie neu geboren aus. Er hat 12 Stunden durchgeschlafen und seinem Magen geht es wieder gut. So können wir nach einem schönen Frühstück im Hotel zur letzten Etappe der langen aufbrechen.

Die 50 Kilometer bis zur A81 fahren sich prima. Über die 341 bis Blumberg und weiter auf der 27 bis Donaueschingen, wo wir die A81 erreichen. Jetzt sind es nur noch "600" Kilometer Autobahn bis nach Hause. Kurz vor Stuttgart fahren wir in einen riesen Stau, denn die Autobahn wird wegen einer Baustelle von drei auf eine Spur verengt. Das stört uns jedoch nicht groß, denn mit den Erfahrungen des letzten Jahres geht nur eines: Motor immer schön laut hochziehen und ab die Post - immer zwischendurch! Das Klappt wieder super und wir sparen mindestens 2 Stunden.

Das nächste Nadelöhr wartet mit der Autobahnumfahrung von Würzburg aber schon auf uns. Hier bin ich schon so oft mit dem Auto gefahren und frage mich, wann die mal fertig werden. Gefühlt bauen die hier schon 20 Jahre. Wir kommen jedoch einigermaßen durch und legen an der Raststätte Euro Rastpark hinter Würzburg auf der A70 eine schöne Mittagspause ein. Von hier stammen auch die zwei letzten Bilder der Tour. Irgendwie treffend finde ich.


Was will der in Stein gemeiselte Herr uns sagen?

Ich denke:

Gegen 16:30 kommen wir wieder wohlbehalten in Halle an. Die Freude ist auf allen Seiten groß.
Am Abend haben Heike, Dani und Thomas ein super Grillerchen vorbereitet.
Es gibt viel zu berichten ....


An dieser Stelle möchte ich noch ein kleines Fazit der Reise abgeben. Es war eine sehr, sehr schöne, aber auch sehr anstrengende Reise. Die Eindrücke, die ich von der wahnsinnigen Natur und den Menschen des Landes gewonnen habe, werde ich so schnell nicht vergessen. Ein Spruch, den ich während der Reise sehr oft gehört habe, lautet:


Man taucht in Marokko in eine ganz andere, fremde Welt ein. In Marokko geht es weniger hektisch zu als in Mitteleuropa. Stress und Eile sind ein Fremdwort. Vieles weicht von unseren Vorstellungen, Gewohnheiten, Normen und Sitten ab. Aber gerade das macht es ja auch so spannend und interessant. Die Anstrengungen beziehen sich vor allem auf die langen Anreise - und Abreiseetappen. Durch die vom Veranstalter nicht zu verschuldenden Änderungen im Reiseverlauf kam eine lange zusätzliche Autobahnetappe in Marokko noch hinzu. Der fehlende Tag in der Königsstadt Meknes schmerzt daher umso mehr. Auch das Ersatz-Hotel in Quarzasate war nicht der Brüller und sicher kein Vergleich zu dem eigentlich geplanten super Xaluca Hotel in Boumalne. Die Größe der Reisegruppe von 90 Leuten war in einigen Situationen auch nicht gerade hilfreich. Ich denke an den langen Check-In in Lyon, die Zoll- und Polizeikontrollen an den Fähren. Die Größe der Reisegruppe hatte aber Vorteile. Ich habe viele nette und sympathische Leute kennengelernt. Die Gespräche abends am Pool, dem Restaurant oder an der Bar möchte ich nicht missen. Natürlich gilt es, an dieser Stelle auch Dank an den Veranstalter auszusprechen. Die Tourleitung und die Guides hatten immer ein offenes Ohr und haben wirklich einen guten Job gemacht. Es war bestimmt nicht die letzte Reise, die ich mit Reisen & Erleben unternommen habe.


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